Sozialismus
1.200 Teilnehmer beim Europaseminar von ICOR und MLPD
01.11.12 - Statt der erwarteten 800 sind heute mehr als 1.200 Teilnehmer zum Auftakt des zweitägigen Europaseminars von ICOR-Europa und MLPD in den voll gefüllten Saal der Fredenbaumhallen nach Dortmund gekommen. Begrüßt wurden auch 33 internationale Delegationen aus 29 verschiedenen Ländern. Jeroen Toussaint von der niederländischen marxistisch-leninistischen Organisation GML/Rode Morgen hieß die Teilnehmer im Namen der ICOR-Europa herzlich willkommen. Er sagte in seinem einleitenden Beitrag:
"Es muss vorwärts gehen in unserem gemeinsamen Kampf, international, organisiert, leidenschaftlich und koordiniert – damit die internationale Revolution gegen das Finanzkapital und der Sozialismus auf der Erde gewinnt. Das Seminar wurde organisiert, um eine auf die Zukunft gerichtete Strategiedebatte zu entwickeln. Eine Debatte, die offen ist für jede Weltanschauung – außer dem Faschismus –, die solidarisch und mit gleichen Rechten für jeden geführt wird." Er fügte aber auch hinzu: "Das ist kein Seminar für Professoren, sondern der einfachen Arbeiter und Menschen. ... Das Europaseminar ist angelegt als Massendiskussion. Werft eure Erfahrungen und eure Leidenschaft in die Diskussion!"
Zunächst hielt Gabi Gärtner für die MLPD den Einleitungsbeitrag zum ersten Themenblock des Seminars "Die EU und ihre Entwicklung zu einem imperialistischen Machtblock". Sie führte unter anderem aus: "Die Europäische Union ist seit der seit 2008 anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise selbst in ihre bisher tiefste Krise geraten. Alle Versuche des EU-Krisenmanagements, mit Konjunkturprogrammen und Rettungsschirmen aus dieser Krise herauszukommen, haben sich als vergeblich erwiesen. Aber, zum Glück gibt es ja das Friedensnobelpreiskomitee, das jüngst den 'europäischen Weg' – so wird ja der Kampf um die Weltherrschaft in diesen Kreisen genannt – mit der Verleihung des Friedensnobelpreises belohnt hat. Ein Versuch, die Atemnot des scheiternden Krisenmanagements der EU zu lindern. Um die Frage nach der Zukunft der EU zu beantworten, muss man sich damit befassen, was die EU eigentlich ist und welche Geschichte sie hat."
In zahlreichen fundiert analysierten und kompetenten Redebeiträgen wurde lebendig, wie sich heute die Widersprüche zwischen den Nationalstaaten und der Rolle der EU für die Machtpolitik der einzelnen imperialistischen Länder im Gegensatz zur fortschreitenden Internationalisierung der Produktion und dem ökonomischen Zwang zu einem international koordinierten Krisenmanagement entfalten.
Da gab es Redebeiträge zur geplanten Liquidierung des Kohlebergbaus in Europa, zur Herausbildung einer Agrarindustrie auf dem Rücken der Klein- und Mittelbauern, zur Rolle der ultrareaktionären Orban-Regierung in Ungarn, zu illusionären Vorstellungen einer Reformierung der EU unter linken Jugendverbänden, zum Scheitern der Fusion von EADS und BAE Systems, zum VW-Gesetz, zu europapolitischen Positionen der Linkspartei, zur rückwärtsgerichteten Losung "vereinigter sozialistischer Staaten Europas" statt "der Welt", zum geplanten Übungsplatz der Bundeswehr in Sachsen-Anhalt für Aufstandsbekämpfung in Städten, zur reaktionären Flüchtlingspolitik der EU und viele, viele mehr.
Mehrere Beiträge setzten sich mit der Rolle der EU als weltweite Vorreiterin des Betrugs- und Herrschaftssystems der kleinbürgerlichen Denkweise auseinander. Monika Gärtner-Engel vom Zentralkomitee der MLPD sagte dazu: "Die EU ist ein aggressives imperialistisches Bündnis, aber mit einem spezifischen Image auf der Welt. Mit dem Image, im Kontrast zum offen aggressiven Auftreten des US-Imperialismus eine ‚friedlichere’ Politik zu machen. Diese Besonderheit entseht daraus, dass die EU sozusagen die ‚Erfinderin’ des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise war, um ihre tatsächliche Rolle zu verschleiern. Der Kern des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise ist aber der Antikommunismus, der als moderner Antikommunismus ein weiterer reaktionärer ‚Exportschlager’ der EU ist."
Für das Seminar hatten Arbeiter aus Großbetrieben ihre Erfahrungen ebenso ausgewertet wie Aktivisten verschiedenster Bewegungen z.B. gegen "Stuttgart 21", Mitglieder und Funktionäre der MLPD, Rebellen und natürlich auch internationale Teilnehmer. Carlos Echague von der PCR Argentinien führte unter anderem aus: "All diese Kämpfe werfen auch die Frage der Macht auf. Zahlreiche Regierungen wurden seit dem Beginn der Weltwirtschafts- und Finanzkrise bereits gestürzt. Aber ihre Nachfolger setzen den gescheiterten Weg im Wesentlichen fort. Das unterstreicht die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Alternative, der sozialistischen Revolution." Teilnehmer betonten gegenüber "rf-news", dass sie vor allem beeindruckt hat, wie kompetent die einzelnen Beiträge waren und es zugleich verstanden, die konkreten Erfahrungen in den Gesamtzusammenhang des Seminars einzuordnen.
Bis 19 Uhr heute Abend dauert die Diskussion noch. Morgen wird sie mit zwei weiteren Themenblöcken "Europa in der Weltwirtschafts- und Weltfinanzkrise" sowie "Die Entwicklung des Stimmungsumschwungs in Europa und der Aufschwung von Massenkämpfen" ab 9 Uhr fortgesetzt. Kurzentschlossene sind herzlich eingeladen, noch daran teilzunehmen (mehr dazu hier).