Opel Berichte

Betriebsversammlung bei Daimler Düsseldorf: "Bei uns beißt ihr auf Granit!"

29.12.12 - Vor dem Hintergrund der Vertiefung der Weltwirtschafts- und Finanzkrise und verschärfter Angriffe der Automobilkonzerne auf die Belegschaften entwickeln sich unter den Automobilarbeitern in Europa zunehmend kämpferische Initiativen und das Bewusstsein über die Notwendigkeit der internationalen Arbeitereinheit. Gegen die geplante Werksschließung von Ford in Genk kam es zu ersten länderübergreifenden gemeinsamen Protestaktionen. Die Arbeiter des von Schließung bedrohten PSA-Werks in Aulnay bei Paris haben sich dagegen bereits mit mehreren Streiks und Protestaktionen aufgelehnt. Am 11. Dezember kam es einen Tag nach der Bekanntgabe der geplanten Schließung des Bochumer Opel-Werks zu einem selbständigen Warnstreik von 300 Kolleginnen und Kollegen.

Überall wird intensiv beraten, wie der gemeinsame konzern- und branchenweite Kampf der Automobilarbeiter höher entwickelt werden muss. Das wird auch am Samstag, 26. Januar, in Kassel beim Auswertungstreffen des 7. Internationalen Automobilarbeiterratschlags, zugleich erstes nationales Vorbereitungstreffen für die 1. internationale Automobilarbeiterkonferenz, eine wichtige Rolle spielen (mehr dazu hier). Ein Korrespondent berichtet von der letzten Betriebsversammlung des Jahres bei Daimler in Düsseldorf, die am 18. Dezember statt fand:

"Es waren rund 1.400 Kollegen waren anwesend. Die Stimmung war von vornherein gespannt. Einleitend sprach der Betriebsrats-Vorsitzende seine Solidarität mit den Bochumer Opelanern aus, warnte gleichzeitig aber davor, die Situation mit der bei Daimler Düsseldorf zu vergleichen. Der Vertrauenskörperleiter stellte eine Solidaritätserklärung vor und erhielt dafür kräftigen Applaus.

Bereits Ende November hatte eine Extra-Ausgabe der Kollegen-Zeitung 'Stoßstange' aufgedeckt, dass 41 von 340 Leiharbeiter Ende Dezember keine Verlängerung bekommen und außerdem mehrere Abteilungen wie die Lackzentrale und die 'Haustechnik' ausgegliedert werden sollen. Unmittelbar vor der Versammlung verkündete die Werksleitung, dass zusätzlich die 'Wagenauslieferung' mit 44 Kollegen outgesourct wird. Das ist eine Abteilung, in der die meisten Kollegen seit Jahrzehnten bei Daimler sind und sich am Band ihre Knochen kaputt gemacht haben. Die meisten sind einsatzeingeschränkt, haben Behinderungen usw. Sie werden zwar dann nicht direkt entlassen, aber sie wissen genau, die Arbeit am Band werden sie nicht schaffen.

Der Werkleiter begann seinen Vortrag mit einem ohrenbetäubenden und actiongeladenen Werbespot für die Mercedes Transporter, der das Motto hatte 'Unsere Mannschaft räumt Ihnen alle Probleme aus dem Weg'. Nach seiner Rede zeigte er noch Fotos aus dem Werk, unterlegt mit ergreifender Musik, wo hauptsächlich arbeitende Kollegen gezeigt wurden, aber auch Familien beim Familienfest. Damit die Gefühle der Kollegen einzulullen, misslang ihm aber komplett.

In der anschließenden Diskussion sprachen ein Dutzend Redner, darunter auch Betroffene, Betriebsräte und Vertrauensleute. Dass es gerade die Kollegen treffen soll, die jahrelang die Knochen hingehalten haben, empört die Kollegen, aber auch die versuchte Spaltung und der Druck mit 'Wirtschaftlichkeitsprüfungen' usw. Zum Teil war die Empörung und Wut auch noch gepaart mit Illusionen und Hoffnungen in den angeblich so "sozialen Daimler". Aber deutlich überwog das Bewusstsein: 'Wir werden das nicht dulden, dass Sie die Belegschaft auseinander dividieren!'

Hiermit haben viele Kollegen auch wichtige Lehren aus einer früheren Auseinandersetzung gezogen, wo es weitgehend ohne Kämpfe mit der selben Argumentation gelang, einige Bereiche in den schlechter gestellten 'Dienstleistungstarifvertrag' zu erpressen. Ein Kollege informierte konkreter, wie feige der GM-Vorstand in Bochum die Werkschließung bekannt gegeben hatte, und wie Security-Leute gegen den Vertrauenskörper-Vorsitzenden gewalttätig vorgingen. Dieser Umstand war für viele Kollegen neu, einige waren sehr empört. Ein Kollege berichtete von den Angriffen des Daimler-Vorstands in Bremen und Sindelfingen und den Kampferfahrungen der Kollegen dort und schloss mit der Losung: '2013 muss im Zeichen eines konzernweiten Kampfes stehen!'

Einige Kollegen hatten vor der Versammlung die Initiative ergriffen und ein Transparent mit der Aufschrift 'Leiharbeit = moderne Sklaverei und Zukunftsangst - Sofortige Festeinstellung aller Leiharbeiter jetzt!' gesprüht. Dieses Transparent ging durch mehrere Abteilungen und es unterschrieben ca. 120 Kollegen darauf. Am Anfang der Versammlung war es unter Protest des Werkschutzes aufgehängt worden. Ein Kollege sprach dazu: 'Trotz der 41, die jetzt gehen mussten, wir bleiben dran und kämpfen für die Weiterbeschäftigung, aber vor allem für die volle Übernahme aller Leiharbeiter im Werk!'"