Betrieb und Gewerkschaft
E.on: 91,4 Prozent stimmen für unbefristeten Streik
02.02.13 - Ab kommenden Montag soll Deutschlands größter Energiekonzern E.on bestreikt werden. Erstmals würde dann in der privaten Energiewirtschaft unbefristetet gestreikt. Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen stimmten 91,4 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder von Ver.di und IGBCE für Streik. Das ist eine klare Entscheidung. Die Belegschaft von E.on lässt sich nicht durch die angekündigte Vernichtung von 6.000 Arbeitsplätzen in Deutschland vom Kampf zur Durchsetzung der aufgestellten gewerkschaftlichen Forderungen abhalten.
Ver.di fordert zusammen mit der IGBCE für die 30.000 E.on-Beschäftigten 6,5 Prozent mehr Lohn, und Übernahme für die Auszubildenden. E.on hatte in der dritten Verhandlungsrunde provokativ Lohnerhöhungen von 1,7 Prozent angeboten. Das liegt unterhalb der offiziellen Inflationsrate. Von der hohen Kampfbereitschaft überrascht, versucht E.on jetzt zurück zu rudern: "Wir müssen jetzt dringend weiter miteinander sprechen und eine Lösung finden, die einen Streik vermeidet", so E.on-Personalvorstand Regine Stachelhaus. Wenn E.on schon nach der erfolgreichen Urabstimmung empfindlich reagiert, zeigt das deutlich, was mit dem vollen Einsatz der gewerkschaftlichen Kampfkraft möglich ist. Nun ist es an der Zeit, in den Streik zu treten.
Dadurch würde auch die Frage aufgeworfen, ob der Vernichtung von 6.000 Arbeitsplätzen nicht ebenfalls mit einem offensiven Kampf begegnet werden muss. Nach Protesten gegen die Entlassungen im vergangenen Jahr wurde eigens ein "Tarifvertrag" abgeschlossen, um die politische Brisanz zu dämpfen. Darin wurden "betriebsbedingte Kündigungen" bis Ende 2012 ausgeschlossen. Es sind Abfindungen und Vorruhestand vereinbart, Beschäftigungs- und Transfergesellschaften sollen gegründet werden. Letztere führen direkt in die Arbeitslosigkeit, es ist ein Betrug an den Beschäftigten, mit dem ein Kampf um jeden Arbeitsplatz verhindert werden soll.
Auch beim zweitgrößten deutschen Energiemonopol RWE stehen die Zeichen auf Streik. Die Gewerkschaften hatten am 25. Januar die Tarifverhandlungen für die 30.000 Beschäftigten in Deutschland abgebrochen. Am Dienstag kommender Woche wollen sie über das weitere Vorgehen beraten. Bei RWE fordern die Gewerkschaften sechs Prozent mehr Lohn. RWE will die Belegschaft mit jeweils 1,5 Prozent für 2013 und 2014 abspeisen. Auch RWE gab bekannt, über 10.000 Arbeitsplätze vernichten zu wollen.
Die Energiemonopole behaupten, sie hätten "Verluste durch den Atomausstieg". Tatsache ist aber, dass sich lediglich ihre Gewinne halbiert haben. Mit massenhafter Vernichtung von Arbeitsplätzen wollen sie im verschärften internationalen Konkurrenzkampf in der anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise bestehen. Dem sollen sich die Belegschaften unterordnen. RWE will das Erzeugungsgeschäft mit sämtlichen Kohle- und Gaskraftwerken von RWE in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden bündeln. Die neue Sparte soll Anfang 2013 an den Start gehen. Ziel ist es, mit dem Programm, das unter dem Namen "RWE 2015" läuft, bis Ende 2014 eine weitere Milliarde Euro einzusparen.
Ein unbefristeter Streik bei E.on würde auf die anderen Branchen ausstrahlen. Für die 800.000 Angestellten im Öffentlichen Dienst der Länder sind die Tarifverhandlungen am 31. Januar, bei denen die Gewerkschaften 6,5 Prozent fordern, ergebnislos auseinander gegangen. "Wir bereiten uns aktiv auf betriebliche Aktionen und auf Warnstreiks schon im Februar vor", so der Leiter des Ver.di-Fachbereiches Bund und Länder in Nordrhein-Westfalen, Michael Kötzing. Bei der Deutschen Bahn AG und in der Stahlindustrie sind die Tarifverträge gekündigt. In den Betrieben der Metall- und Elektroindustrie läuft nach der Kündigung der Tarifverträge durch die Bezirke die Diskussion um die Aufstellung der Forderungen. Am 27. Februar tagen die Tarifkomissionen.
Angesichts der negativen Entwicklung in der anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise haben zahlreiche Konzerne wie Siemens, Ford, General Motors, Commerzbank usw. die Vernichtung Tausender Arbeitsplätze angekündigt. Monopole und die Bundesregierung, welche die Gewerkschaften zur Mäßigung in den Tarifrunden auffordert, wollen einen Streik möglichst vermeiden. Er kann zu einem Signal werden, sich nicht der Abwälzung der Krisenlasten unterzuordnen und zu weiteren Kämpfen ermuntern. Für die bürgerlichen Parteien in einem Wahljahr äußerst unpassend.
Die MLPD tritt für einen konsequenten Kampf um die Interessen der Arbeiterklasse ein, fördert und unterstützt diesen nach Kräften. Sie nutzt diesen Kampf für die breite gesellschaftliche Diskussion, das kapitalistische Lohnsystem insgesamt abzuschaffen und die Offensive des echten Sozialismus.