Politik

Bundestag beschloss Ausweitung der Bespitzelung

Bundestag beschloss Ausweitung der Bespitzelung
Plakat des "Arbeitskreises gegen Vorratsdatenspeicherung"

23.03.12 - Am Donnerstag segnete der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und SPD den Regierungsentwurf zur "Neuregelung der Bestandsdatenauskunft" ab. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 2010 aufgrund breiter Proteste die "Vorratsdatenspeicherung" für verfassungswidrig erklären musste und eine "Neuauflage" forderte, wird jetzt ein weiterer Vorstoß zu einer umfassenden Bespitzelung der Bevölkerung gestartet. Der BRD-Imperialismus stellt sich damit auf die zu erwartende Verschärfung von Klassenauseinandersetzungen ein.

Nach der erforderlichen Zustimmung des Bundesrates wird das Telekommunikationsgesetz geändert und die Abfrage sogenannter Bestandsdaten bei Telekommunikations-Dienstleistern durch das Bundeskriminalamt (BKA) oder andere Ermittlungsbehörden erleichtert. Sie erhalten in weitem Umfang Zugriff auf Kommunikationsdaten, wo Eingriffe in das "Fernmeldegeheimnis" bisher nicht gestattet waren. Es wird eine elektronische Schnittstelle zur vereinfachten Abfrage von Kommunikationsdaten bei den "Providern" (Anbietern von Internetdiensten) eingeführt.

Die Provider dürfen die Netzkennungen und auch "dynamische IP-Adressen" den Inhabern von Internetzugängen mit Name und Adresse automatisiert zuordnen. Die entsprechenden Informationen müssen sie in einem manuellen Auskunftsverfahren an Sicherheitsbehörden herausgeben. Betroffene sollen von entsprechenden Maßnahmen erst im Nachhinein in Kenntnis gesetzt werden. Das Gesetz regelt, dass diese Daten ohne richterlichen Beschluss "im Einzelfall zum Zweck der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben" in Anspruch genommen werden können.

Die Identifizierung von Internetnutzern wird auch zur Ermittlung geringfügiger Ordnungswidrigkeiten zugelassen. Der Zugriff auf PINs, PUKs oder Passwörter wird mit richterlicher Genehmigung zugelassen. Wollen Geheimdienste diese Codes nutzen, muss das die für sie zuständige "Parlamentarische G10-Kontrollkommission" absegnen. Was auch bisher für die Geheimdienste problemlos ermöglicht wurde. Betroffene sollen zudem von entsprechenden Maßnahmen erst im Nachhinein in Kenntnis gesetzt werden, den Providern ist es bei Strafe verboten, darüber zu informieren.

Wenn die gegenwärtige Umstellung des "Internetprotokolls" von IPv4 auf IPv6 abgeschlossen ist, lassen sich Internetaktivitäten noch präziser nachvollziehen. Nachdem ab 1. Januar 2008 die von der Großen Koalition beschlossene "Vorratsdatenspeicherung" Gesetz geworden war, gab es 2008 mehr als 26 Millionen Abfragen von rund 100 Behörden bei 120 Telekommunikationsunternehmen.

Die am Donnerstag beschlossene "Neuregelung", die eine Verschärfung des 2008 beschlossenen Gesetzes darstellt, stieß bereits vor Verabschiedung auf massive Proteste. Das Gesetz muss zu Fall gebracht und der Kampf zum Erhalt und zur Erweiterung bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten muss gemeinsam mit dem Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten geführt werden.