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Obama in Berlin: Hoffungsträger im Sinkflug
19.06.13 - Barack Obamas Nimbus bröckelt. Darüber kann auch sein groß aufgezogener Staats- und Familienbesuch in Berlin nicht hinweg täuschen. In Berlin herrschte seit einigen Tagen Ausnahmezustand mit "Sicherheitsstufe eins plus", 8.000 Polizisten sind im Einsatz. Viele Straßen sind gesperrt, Gullideckel verschweißt, Scharfschützen auf den Dächern. Betroffene Anwohner dürfen den ganzen Tag nicht die Fenster öffnen. Der Termin ist bewusst gewählt, fasst genau vor 50 Jahren hatte der amerikanische Präsident John F. Kennedy seinen immer wieder aufs neue verbreitenden Satz "Ich bin ein Berliner" am Schöneberger Rathaus zum Besten gegeben. Ob Obama damit ähnliche Aufmerksamkeit wie Kennedy erreicht, wird sich zeigen.
Unter Obamas Regie wurde der Drohnen-Einsatz zu einer neuen Seite der Barbarei der imperialistischen Kriegsführung und massiv ausgebaut. Von den Kommandozentralen in den USA oder auch aus Deutschland werden Raketenschläge in weit entfernten Ländern gelenkt. Maßgeblich am Veto der USA scheitert seit Jahren ein wirklicher Rückgang des CO²-Ausstoßes – was maßgeblich für die Beschleunigung der Entwicklung zur Erderwärmung verantwortlich ist.
In der letzten Woche geriet Obama und sein Geheimdienst NSA international ins Fadenkreuz des Proteste, indem bekannt wurde, dass über das weltweit größte Spionageprogramm PRISM E-Mails, Foren, Videos, Bilder, Suchanfragen, Verbindungsdaten durchgeforstet werden. Peinlich für Merkel, dass am letzten Wochenende Pläne bekannt wurden, nach denen der deutsche Auslandsgeheimdienst künftig auch in viel größerem Stil in die Online-Überwachung einsteigen will.
Obamas Amtsantritt 2009 in den USA war für viele mit der Hoffnung auf eine neue Zeit verknüpft, für mehr Demokratie und soziale Politik, für echte Abrüstung und mehr Frieden. Dafür wurde er vorab sogar mit dem Friedensnobelpreis "gekürt". Aktuell bleibt davon nichts übrig. Das mit seiner Regierungsübernahme entwickelte Betrugssystem der kleinbürgerlichen Denkweise ist ausgesprochen kurzlebig. Mit dem Ausbruch der Weltwirtschafts- und Finanzkrise wurden unter seiner Regie die führenden Übermonopole der USA mit Milliardenkrediten und Bürgschaften ausgestattet, damit das kapitalistische Finanzsystem nicht vollends zusammen bricht.
Zweck des Besuches von Obama sind unter anderem die Abstimmung im sogenannten "Anti-Terror-Kampf" und Absprachen zu einem möglichen Freihandelsabkommen. Mit Merkel und Obama treffen zwei imperialistische Weltpolitiker zusammen, die über weite Strecken auch gemeinsame imperialistische Interessen haben. Das haben sie erst vorgestern mit ihrem Vorschlag auf dem G8-Gipfel für eine Übergangsregierung in Syrien dokumentiert.
Obama sprach heute von Schritten zur atomaren Abrüstung. Er will sich den "Herausforderungen der Zukunft" stellen und den "Klimawandel" angehen. Solche Aussagen sind als Versuch zu werten, dem System der kleinbürgerlichen Denkweise zur Desorientierung, Desorganisation und Demoralisierung der wachsenden internationalen Proteste und Kämpfe neue Kräfte einzuhauchen. Auf dem Potsdamer Platz demonstrierten zeitgleich Aktivisten von "Amnesty International" für die Schließung des US-Militärgefängnisses Guantanamo.
Als Obama um 15.30 Uhr am Brandenburger Tor den Satz "Keine Mauer kann dem Drang nach Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit standhalten" aussprach, bezog er sich allerdings nicht auf Guantanamo, Abu Ghraib oder die Mauern zwischen den USA und Mexiko bzw. zwischen Israel und Gaza. Er meinte offenbar den Fall der Berliner Mauer.