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Freihandelsabkommen zwischen Ukraine und Europäischer Union gescheitert

Freihandelsabkommen zwischen Ukraine und Europäischer Union gescheitert
Grafik: tagesschau.de

23.11.13 - Am Donnerstag stoppte die ukrainische Regierung Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU) über ein Assoziierungs- und Freihandelsabkommen. Die Reaktionen in Brüssel und Berlin reichten von Ratlosigkeit bis Entsetzen. Nach monatelangen Verhandlungen und einem Trommelfeuer der Medien auf die ukrainische Bevölkerung, endlich die Westorientierung der Ukraine zu schaffen, ist die Absage ein vorläufiger Schlussstrich darunter.

Dabei hatte alles so gut ausgesehen für die europäischen Monopole und ihre Kommission in Brüssel: Die Ukraine ist mit 46 Millionen Einwohnern ein interessanter Markt, sie hat fruchtbare Böden, ist rohstoffreich und besitzt ein ausgebautes Öl- und Gaspipelinenetz. Und die Ukraine hätte als Basis für den russischen Markt genutzt werden können. Das Abkommen sollte perspektivisch in eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine münden. Assoziierungs- und Freihandelsabkommen sind auch mit Moldawien und Georgien geplant. Armenien, Aserbaidschan und Weißrussland sind im Rahmen der "EU-Nachbarschaftspolitik" eingebunden.

Die anhaltende Weltwirtschafts- und Finanzkrise zwingt die europäischen Monopole zur aggressiven Jagd nach neuen Märkten und dazu, ihr Gewicht im weltweiten Konkurrenzkampf zu erhöhen. Das Abkommen hätte für die Ukraine, so die russlandfreundliche Zeitung "Le Courrier de Russie" den "nationalen Selbstmord" bedeutet: "2012 betrug der Export der Ukraine in die EU 15 Millionen Euro, … hauptsächlich für  Rohstoffe, während der Import aus der EU gleichzeitig 24 Millionen Euro betrug, hauptsächlich für Fertigprodukte. Bei einer solchen Handelsstruktur würde die Abschaffung der Zölle den Export von Rohstoffen fördern und umgekehrt ein Anwachsen der Importe von Fertigprodukten aus der EU bedeuten. Ein Schema, das zwangsläufig in der Vernichtung der ukrainischen Produzenten, der Degradierung der ukrainischen Wirtschaft und der Verarmung der Bevölkerung enden würde."

Es sind geht aber nicht nur um wirtschaftliche Interessen. Die sogenannte "EU-Nachbarschaftspolitik" betrifft die komplette Westgrenze Russlands, von den baltischen Staaten, die EU-Mitglieder sind, bis ans Kaspische Meer. Eine Einbindung aller Staaten oder eines größeren Teils in die EU würde die NATO bis direkt an die  Grenze zu Russland bringen: "Das Abkommen befasst sich nicht nur mit Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und der Schaffung einer Freihandelszone, sondern auch mit der politischen Zusammenarbeit. Darin wird eine enge Kooperation in der Außenpolitik, in Justiz- und Grundrechtsfragen vereinbart."

Die russische Regierung muss dafür sorgen, dass die nach wie vor veraltete russische Wirtschaft auf dem Weltmarkt mithalten kann. Sie wird alles tun, dass der wichtige Pfeiler Ukraine nicht aus ihrem Machtgefüge entfernt wird.

Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass die Regierung in Kiew die EU und Russland lange gegeneinander wird ausspielen können. Beide Blöcke werden aggressiver. So kommentierte Bundeskanzlerin Merkel - an Russland gerichtet - den Abbruch der Verhandlungen: "Um es klar zu sagen: Die Länder entscheiden allein über ihre zukünftige Ausrichtung. Ein Veto-Recht Dritter kann es nicht geben." Und das nach dem Diktat gegenüber Griechenland, Portugal, Spanien usw.!

Andererseits entbehrt die ganze Aufgeregtheit der EU-Bürokraten auch nicht einer gewissen Komik. So machte EU-Energiekommissar Günther Oettinger der Ukraine ernsthaft ein Angebot, mit dessen Hilfe die Ukraine unabhängiger von russischen Energielieferungen werde: Die RWE könne von der Slowakei aus Gas an die Ukraine liefern. Gas, das die RWE in Russland eingekauft hat!