International

G20-Finanzminister träumen von "weltumspannender Reformpolitik"

G20-Finanzminister träumen von "weltumspannender Reformpolitik"
G20 wollen Wirtschaftsleistung und Export steigern (foto: jános balázs)

24.02.14 - Am Wochenende tagten die Finanzminister und Notenbankchefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) im australischen Sydney. Nach Jahren der Krisenbekämpfung verkündeten sie nun erstmals wieder ein Wachstumsprogramm. Damit wollen sie der Weltwirtschaft zum Durchstarten verhelfen. Das Programm werde in den nächsten fünf Jahren weltweit für ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 2 Prozent sorgen, also 0,4 Prozent pro Jahr. Selbstverständlich entstünde daraus eine "signifikante Zahl zusätzlicher Arbeitsplätze", heißt es in der Abschlusserklärung. Näheres für eine "weltumspannende Reformpolitik" soll allerdings erst beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im kommenden November beschlossen werden.

Tatsächlich hatten 2008, zum Beginn der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, die G20-Länder auf ihrem "historischen Weltfinanzgipfel" in Washington ein bisher einmaliges international koordiniertes Krisenmanagement beschlossen. Aus Furcht vor der Entfaltung des Klassenkampfs auf breiter Front bis zu Massenstreiks, Unruhen, Aufständen und revolutionären Krisen wurden die zwischenimperialistischen Widersprüche zeitweise zurückgestellt. Kann das nun durch ein international koordiniertes Wachstums-Managment wiederholt werden?

Das ist mehr als fraglich! Bereits im Vorfeld des Treffens in Sydney haben sich die zwischenimperialistischen Widersprüche derart verschärft, dass die Finanzminister einiger sogenannter Schwellenländer wie Brasilien, Mexiko und Südafrika das Treffen boykottierten und nicht nach Sydney reisten. Der angereiste indische Finanzminister erklärte noch auf dem Treffen: "Ich denke nicht, dass sie (die Abschlusserklärung - Anm. d. Red.) bindend für unsere Länder ist."

Hintergrund sind einerseits eine seit längerem spürbare wirtschaftliche Belebung in den USA. Das veranlasst die US-Notenbank, ihre Druckmaschinen für immer neue enorme Mengen von billigem Geld etwas zu drosseln. Damit verbunden ist die Aussicht auf höhere Zinsen in den USA, was die weltweiten Finanzströme anlockt. Flossen die Unmengen von Dollars bisher hauptsächlich in die Wirtschaft der sogenannten BRICS- und MIST-Staaten, werden sie nun wieder massiv von dort abgezogen.

Das führt zu einer Verschiebung der wirtschaftlichen Entwicklung zurück in die klassischen imperialistischen Länder. Das hat zum Teil verheerende Auswirkungen auf BRICS- und MIST- Länder. Zunächst vor allem sichtbar an dem Verfall ihrer Währung. Allein seit Anfang des Jahres verloren die Landeswährungen von Mexiko, Brasilien, Argentinien, Venezuela, Südafrika, Indien, Indonesien – aber auch der Türkei, Ungarns und Russlands gegenüber dem Dollar, dem Euro und japanischen Yen 10 bis über 30 Prozent an Wert.

Das lässt die Einnahmen durch die Exporte der Länder – oft Rohstoffe – nahezu ins bodenlose Fallen und treibt die Preise für die Bevölkerung für teilweise lebensnotwendige Importe enorm in die Höhe. In der Folge entwickeln sich zunehmende Massenproteste der Bevölkerung gegen Preissteigerungen vor allen in den südamerikanischen Ländern und Südafrika.

Gerade zu zynisch forderten der US-amerikanische, deutsche und japanische Finanzminister gemeinsam Mexiko, Indien, Brasilien und Südafrika auf, sie müssten schnellstmöglich "ihr Haus in Ordnung bringen". "Zutiefst" bedauerten sie, dass die empfohlenen Reformen bisher nicht umgesetzt wurden. Das heißt, die Krisenlasten immer vollständiger auf die Massen abzuwälzen.

Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) weiß, dass sich weder die zwischenimperialistischen Widersprüche mit einer angeblichen "weltumspannenden Reformpolitik" unterdrücken lassen noch die Massen sie widerspruchslos hinnehmen werden. "Welche Wachstumszahlen sich ergeben", beurteilt er die Abschlusserklärung von Sydney, "ist das Ergebnis vielfältiger Prozesse – die Ergebnisse kann die Politik nicht garantieren."