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Hoeneß-Verurteilung: "Wie reich muss man sein, um 28 Millionen Steuern zu hinterziehen?"
14.03.14 - "Wie reich muss man sein, um 28 Millionen Steuern zu hinterziehen?" Diese Frage stellen sich nach der Verurteilung des Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, zu dreieinhalb Jahren Gefängnis wegen Steuerhinterziehung viele. Aus seinem Vermögen hat Hoeneß stets ein Geheimnis gemacht. Es wird auf 400 bis 650 Millionen Euro geschätzt. Damit liegt der Bayern-Boss im "Mittelfeld" der 500 "reichsten Deutschen". Diese Vermögensschätzung ist immer noch in Frage zu stellen, weil Hoeneß allein in der Schweiz und in Deutschland gewaltige Spekulationsgeschäfte mit dreistelligen Millionenbeträgen gemacht hat.
Allein aus dem Profit der Ausbeutung der Arbeiter seiner Wurstfabrik "HoWe Wurstwaren KG" in Nürnberg mit 350 Arbeitern und Angestellten kann dieses Vermögen kaum stammen. Die Fabrik beliefert allerdings Aldi, Feinkost Käfer und zahlreiche Lebensmittelkonzerne in halb Europa. Die Wurstfabrik, inzwischen auf seine Kinder übertragen, ist nach Angabe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten von 2010 "gewerkschaftsfrei", hat weder Betriebsrat noch Branchentarifverträge und beschäftigt eine große Zahl von Leiharbeitern. Sicher kommt das Vermögen von Hoeneß auch nicht aus seinen Einnahmen als Präsident des FC Bayern, als Vorstandsvorsitzendem der Aktiengesellschaft FC Bayern München AG oder als Aufsichtsrat der Allianz Beratungs- und Vertriebs GmbH.
Seine Selbstdarstellung zu seiner Geldgier war noch 2011: "Natürlich will ich Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Wenn es um Geld geht, muss man auch mal zufrieden sein." (Magazin "Brand eins") Wahrhaft seherische Kräfte ließen Hoeneß 2002 zu Schwarzgeldzahlungen in der Bundesliga sagen: "Es ist doch unklug, solche Dinge zu machen, denn irgendwann kommt doch immer alles heraus. Und es kann doch nicht Sinn der Sache sein, ins Gefängnis zu wandern, nur um ein paar Mark Steuern zu sparen ...". Anscheinend doch, allerdings nicht wegen ein paar Mark.
Man muss kein Fan von Schalke 04 sein, um Uli Hoeneß schon immer ätzend zu finden. Als hochbegabter Fußballer machte der gebürtige Ulmer eine steile Karriere. 1974 bis 1976 war er Stammspieler der deutschen Nationalmannschaft, mit 22 Jahren hatte er alle wichtigen Titel gewonnen.
Seinem Charakter nach war und ist er jedoch die Unsportlichkeit in Person. So betätigte er sich als Wadenbeißer gegen Christoph Daum, damals Cheftrainer des 1. FC Köln und gegen den früheren Manager von Werder Bremen, Willi Lemke, weil diese nicht ganz zu Unrecht den FC Bayern als "Totengräber des deutschen Fußball" bezeichnet hatte, und gegen den deutschen FIFA-Schiedsrichter Helmut Krug wegen angeblichen Verpfeifens des FC Bayern.
Die weinerliche Tour gewisser Medien zum tiefen Fall des Uli Hoeneß ("Bild" vom 14.3.14: "Zerbricht Hoeneß am Knast-Urteil") ist nicht angebracht. Auch nicht das Mitleid, das aus den Worten des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer nach der Verurteilung troff. Beim Fall Hoeneß hängen eben viele mit drin. Vom Freistaat Bayern bekam Hoeneß die "Staatsmedaillie für soziale Verdienste", weil dieser für eine Stiftung gespendet hatte, steuervergünstigend versteht sich. Zu den bürgerlichen Massenmedien unterhielt Hoeneß beste Kontakte. "Focus"-Chef Helmut Markwort hatte in der Allianz-Arena einen Stammplatz neben Hoeneß und immer ein "offenes Ohr" für diesen.
Wie ein schlechter Witz kommt es herüber, wenn nun gerade diese bürgerlichen Massenmedien über Straferleichterungen wie offenen Vollzug oder gar eine Verminderung der Haftzeit für Hoeneß spekulieren. Das Strafmaß ist mit dreieinhalb Jahren schon sehr gering bemessen. Die Staatsanwaltschaft hatte berechtigt auf fünf Jahre plädiert.
Nach Medienberichten von heute hat Uli Hoeneß den Schuldspruch mittlerweile akzeptiert, will keine Berufung einlegen und verzichtet auf das Amt des Präsidenten des FC Bayern sowie auf seinen Posten als Vorsitzender des Aufsichtsrats. Letzteren soll erst einmal Adidas-Chef Herbert Hainer übernehmen. Wieder einmal eine "gelunge Symbiose aus Sport und Wirtschaft". Einen Nachfolger für das Präsidentenamt wird der FC Bayern München nicht so schnell finden. Der in Frage kommende Karl-Heinz Rummenigge ist selber vorbestraft, er wollte allerdings nur Rolex-Uhren am Zoll vorbeischmuggeln. Die Bundesliga-Fußballwelt lebt also ohne Uli Hoeneß weiter – hoffentlich besser.