International

Chemiewaffen-Vernichtung - keine Rechtfertigung für den Einsatz der Bundesmarine

Chemiewaffen-Vernichtung - keine Rechtfertigung für den Einsatz der Bundesmarine
Fregatte Augsburg (links) im Einsatz (foto: PH1 BART BAUER, USN)

09.04.14 - Eine große Mehrheit des deutschen Bundestags hat heute den Einsatz der Marinefregatte "Augsburg" der Bundeswehr zur Beteiligung an der Vernichtung syrischer Chemiewaffen im Mittelmeer beschlossen. Er soll Ende April beginnen. Von 589 Abgeordneten stimmten 535 dafür, 19 enthielten sich, 35 waren dagegen. Erstmals stimmten auch einzelne Abgeordnete der Linkspartei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr zu. Von CDU/CSU, SPD und den Grünen bis hin zu Gregor Gysi und Dietmar Bartsch von der Linkspartei-Führung wurde er schon fast zum "pazifistischen" Beitrag der Bundeswehr hochstilisiert, weil es dabei schließlich um die Beseitigung international geächteter Waffen ginge.

Die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ist tatsächlich ein Zugeständnis an den internationalen antimilitaristischen und Friedenskampf. Im Herbst 2013 musste der US-Imperialismus seinen geplanten Militärschlag gegen Syrien absagen. Zu stark waren die Proteste auf der ganzen Welt und in den USA gegen einen neuen Kriegsherd mit der Gefahr des direkten militärischen Zusammenstoßes der imperialistischen NATO-Mächte mit den östlichen Imperialisten Russland und China. Um ihr Gesicht zu wahren, willigte die US-Regierung in den Vorschlag Russlands und Syriens zur Vernichtung des Chemiewaffenarsenals ein.

Die geplante Zerstörung von 590 Tonnen Giftstoffen auf dem Schiff der US-Navy "Cape Ray" erfordert jedoch in keiner Weise die Beteiligung der Bundesmarine. Diese ist in der von der UNO beschlossenen Planung der Aktion gar nicht vorgesehen. Der Einsatz der Fregatte "Augsburg" dient vor allem dazu, die Bevölkerung an immer mehr Auslandsaktivitäten der Bundeswehr - entgegen der bisher mehrheitlichen Ablehnung - zu gewöhnen.

Die Durchsetzung eines aggressiveren Auftretens der Bundeswehr in aller Welt steht mit im Zentrum der Agenda der Großen Koalition. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen setzt das in Mali und Zentralafrika bereits um. Dazu gehört aber auch die Aufstellung neuer Spezialeinheiten der Marine für Interventionsoperationen (siehe "rf-news"-Meldung).

Die US-Militärs haben ihren Plan eines Militärschlags gegen Syrien keineswegs aufgegeben. In diesem Zusammenhang ist auch das Zusammenziehen von Militäreinheiten der NATO-Länder im östlichen Mittelmeer zu sehen. Darauf weist die "Informationsstelle Militarisierung" (IMI) aus Tübingen in einer Analyse hin. 15 Politiker der Linkspartei – darunter die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht – begründeten in einem Positionspapier ihr "Nein" zu dem Marine-Einsatz mit der "möglichen Vorbereitung eines Angriffskrieges gegen Syrien" und nannten es "extrem fahrlässig, der Bundesregierung ... eine unwidersprochene Carte blanche für ihren Militäreinsatz zu erteilen".

Die "Vernichtung" der Chemiewaffen sowohl auf der "Cape Ray" als auch danach in der Bundeswehr-Anlage GEKA in Munsterlager (Niedersachsen) wirft weitere Fragen auf. In beiden Fällen wird die Methode angewandt, die hochgiftigen Substanzen entweder zu verbrennen oder so zu verdünnen, bis die Toxizität einen niedrigeren Grenzwert erreicht. Beides erzeugt andere Giftstoffe, die sowohl in das Wasser als auch in die Luft gelangen. Das Mittelmeer ist schon jetzt voller verklappter Chemiewaffen aus der Zeit des II. Weltkriegs.

Der neue Einsatz ist nicht zuletzt ein imperialistisch-pazifistisches Feigenblatt, um von der Beteiligung des BRD-Imperialismus an der Erforschung und Entwicklung von Chemiewaffen abzulenken, wie sie gerade am Fall Syrien deutlich wurde. Noch bis 2011 haben bundesdeutsche Firmen mit offenkundiger Duldung der Regierung Komponenten für den Bau der jetzt zu vernichtenden Waffen an das Assad-Regime geliefert (siehe "rf-news"-Meldung vom 20.3.14). Notwendig ist statt eines solchen Feigenblatts der sofortige Stopp von jeglichem Export giftgasfähiger Chemikalien und das weltweite Verbot sowie die Vernichtung aller ABC-Waffen.