Politik

Bundesnachrichtendienst will soziale Netzwerke in Echtzeit ausspähen

Bundesnachrichtendienst will soziale Netzwerke in Echtzeit ausspähen
Berliner Bürger begrüßen die neue BND-Zentrale in Berlin (foto: ekvidi)

05.06.14 - Der aus 6.500 Beschäftigten bestehende Bundesnachrichtendienst (BND) will künftig die sozialen Netze in Echtzeit ausspähen. Dies geht aus vertraulichen Unterlagen des BND hervor, berichtete kürzlich die Süddeutsche Zeitung (SZ). Die "Echtzeitanalyse von Streaming-Daten" sei Teil einer sogenannten Strategischen Initiative Technik (SIT). Die digitale Aufrüstung soll bis 2020 rund 300 Millionen Euro kosten.
Systematisch sollen Weblogs, Foren und Portale wie Flickr, Facebook und Twitter ausgewertet werden. Verstärkt will der BND auch die Biometrie-Technik und automatische Bilderkennung nutzen, um „Zielpersonen“ zu identifizieren.

Das Projekt „Aida“ steht für einen "Ausbau integrierter Datenanalyse". „Sigint“ (Signals Intelligence), soll vor allem Verbindungsinformationen (Metadaten) auswerten, statt – wie bisher üblich, aber immer bestritten - massenhaft den Inhalt von E-Mails, Faxen und Telefonaten zu erfassen. Die Analyse von Metadaten sei ein weniger starker Eingriff in die Privatsphäre, wird behauptet. Der Informatikprofessor Edward Felten bezeichnet das als grobe Verharmlosung. Aus den Metadaten ließen sich schlüssige Gesamtbilder über Zielpersonen herleiten. Der Ex-Chef der US-amerikanischen „National Security Agency“ (NSA) Michael Hayden, erklärte nach US-Drohneneinsätzen ungerührt: "Wir töten auf der Basis von Metadaten“.

Es geht mitnichten um die Kommunikation der deutschen Bevölkerung“, will der BND beschwichtigen. Vielmehr gehe es nur darum, sich ein genaueres Bild über die Lage im Ausland zu verschaffen. Das allerdings wirft die Frage auf, wie man im globalen Netz zwischen Inland und Ausland unterscheiden will. Außerdem arbeitet der BND mit anderen internationalen Geheimdiensten wie der NSA und dem britischen GCHQ an einem weltweiten Informationsring. Indem sie ihre Ergebnisse auf internationaler Ebene untereinander austauschen, können sie natürlich auch die Informationen über die Bewohner ihres eigenen Landes zusammenfügen.
Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter rechtfertigte diese neue Stufe der internationalen Überwachung damit, man habe es „weltweit mit terroristischen Gefahren zu tun, die sich nicht über das Lesen von Zeitungen aufklären und verhindern lassen. Deswegen brauchen wir einen Bundesnachrichtendienst, der auf Augenhöhe mit anderen Partnerdiensten ist.“

Tatsächlich ist die Überwachung sozialer Netzwerke vor allem eine Vorbereitung auf anwachsende soziale und politische Kämpfe. Sie werden dazu gerne in die Nähe des "Terrorismus" gerückt. Das internationale Finanzkapital ist sich bewusst, dass die zunehmende Abwälzung der Krisenlasten auf die Masse der Bevölkerung, die immer drastischere Umweltzerstörung und aggressivere Außenpolitik weltweit einen wachsenden Widerstand hervorbringen kann. Gemeinsames Ziel der digitalen Aufrüstung der Geheimdienste der imperialistischen Staaten ist daher das Ausspähen der gesamten Weltbevölkerung.

Wie Zeit Online vor wenigen Tagen berichtete, prüft auch die Bundeswehr, auf welchem Weg sie in Zukunft Gegner des deutschen Militarismus bespitzeln kann. Laut Unterlagen der Bundesregierungen sollen „durch die Beobachtung von Tweets, Facebook-Likes und Postings Informationen erhoben werden, die für die Abwehr von Gefahren wichtig seien“. Ziel sei die „Wissenserschließung aus offenen Quellen“ (WeroQ). Das Verteidigungsministerium arbeitet dazu mit dem Fraunhofer-Institut sowie dem IT-Konzern IBM zusammen.
Die Pläne von BND und Bundeswehr entlarven die Empörung der Bundesregierung über die Abhörpraktiken der NSA in Deutschland als pure Heuchelei. Der NSA-Skandal soll  möglichst geräuschlos unter den Teppich gekehrt werden, weil man selbst ähnliche Überwachungspraktiken durchführen und sich am internationalen Schnüffel-Netzwerk beteiligen will.