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Stuttgart – "S21"/Wasserwerferprozess: Richterin lässt Gerichtssaal mit Polizei räumen

Stuttgart – "S21"/Wasserwerferprozess: Richterin lässt Gerichtssaal mit Polizei räumen
Polizei geht am 30. September 2010 brutal gegen wehrlose Demonstranten vor. Die Schläger in Uniform kommen weitesgehend ungeschoren davon (rf-foto)

Stuttgart (Korrespondenz), 28.11.14: Am Mittwoch, dem 26. November 2014, war der letzte Verhandlungstag wegen des brutalen Polizeieinsatzes gegen den Massen-Widerstand der „S21“-Gegner in Stuttgart am 30. September 2010. Über hundert Besucher drängten sich am Eingang des Gerichts. Angeklagt waren zwei verantwortliche Polizeiführer. Nach über drei Jahren Untersuchung hatte die Staatsanwaltschaft die Hauptverantwortlichen von vorne herein aus der Schusslinie genommen.

Mit riesigem Aufwand betrieben, wird das Verfahren jetzt urplötzlich eingestellt. Die Angeklagten zwei Polizeiführer zahlen je 3.000 Euro, und der Fall sei erledigt – wegen geringer Schuld. Fazit: Keiner war's, keiner hat was gesehen. Das Gericht hat verhindert, dass die Zeugen der Nebenkläger überhaupt gehört wurden.

Als die Richterin die Entscheidung der Einstellung des Verfahrens vortrug, gab es für den lautstarken Protest kein Halten mehr. Sofort hat die Richterin die Räumung angeordnet und in Sekunden sprangen 30 Polizisten, bisher versteckt im Hinterzimmer, in den Saal und räumten erst diesen und anschließend das gesamte Gebäude. Im Foyer ging der Protest weiter. Es wurde eine Resolution vorgetragen, die in einem spontanen Protestzug zum Justizministerium gebracht wurde. Hierin wir u.a. gefordert: "Einstellung aller Verfahren gegen 'S21'-Gegner!"

Warum das schnelle Ende? Das wird noch zu untersuchen sein. Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) zeigte sich erleichtert, dass er nicht mehr als Zeuge aussagen musste. Er hätte sonst gegen seine Beamten aussagen – oder lügen müssen. Vorsichtshalber hat er schon mal auf die bekannte Filbinger– und Kohl-Krankheit verwiesen: Erinnerungslücken.