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2.831 Kumpel der Zeche Soma in der Türkei per SMS entlassen

2.831 Kumpel der Zeche Soma in der Türkei per SMS entlassen
"Soma nicht vergessen!" (foto: Hilmi Hacaloğlu - Voice of America)

03.12.14 - Es ist unglaublich: Gut ein halbes Jahr nach dem verheerenden Grubenunglück von Soma wurden dort nun 2.831 Kumpel entlassen. 600 von ihnen waren in einem anderen Bergwerk derselben Firma beschäftigt, beide Minen sind seit dem Grubenunglück im Mai außer Betrieb. Die Kumpel wurden am Sonntag schlicht per SMS über ihre Entlassung informiert! 2.182 Bergleute sind nun noch in den Bergwerken des gleichen Unternehmens in der ägäischen Provinz Manisa beschäftigt. Im Mai waren in der Zeche von Soma bei einem Feuer offiziell 301 Kumpel ums Leben gekommen.

Die dreiste Begründung des Unternehmens für die Entlassungen: Man könne die als Entschädigung nach dem Grubenunglück vereinbarten doppelten Gehälter nicht mehr finanzieren, die zuvor sechs Monate lang gezahlt wurden. Erst stirbt ein Teil der Kumpel aufgrund der katastrophalen Sicherheitsvorkehrungen elendig in der Zeche. Dann wird sie völlig zurecht geschlossen und die Überlebenden erkämpfen eine minimale Entschädigung - und jetzt sollen sie dafür auch noch mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bezahlen! Das stürzt nach der Bergwerkskatastrophe weitere tausende Bergarbeiterfamilien ins Unglück. Nicht die Kumpel sind für die Katastrophe verantwortlich und dafür, dass die Zeche nicht mehr in Betrieb ist, sondern die Soma Coal Mining Company.

Der stellvertretende türkische Premier Bülent Arınç erklärte am Montag, dass man die Ereignisse in Soma "genau beobachte" und den arbeitslosen Bergleuten "helfen" wolle. Gleichzeitig verteidigte er den Entschluss des Unternehmens, die Bergleute zu entlassen. Arbeitsminister Faruk Celik erklärte, natürlich sei es schlecht, wenn Menschen arbeitslos würden: "Doch wir wollen auch nicht, dass die Menschen vorsätzlich irgendwelchen Gefahren ausgesetzt werden."

Vor der Bergwerkskatastrophe haben sich die gleichen Politiker nicht die geringsten Sorgen um die Gefahren für die Bergleute gemacht. Auch danach ist in punkto Arbeitssicherheit in den anderen türkischen Zechen nicht viel passiert. Um was sie sich wirklich sorgen, sind die Profite der Bergwerkskonzerne und wie sich diese der Entschädigungszahlungen entledigen können. Angst haben sie aber auch davor, dass die Kumpel ihre Entlassungen nicht kampflos hinnehmen. Deshalb die scheinheiligen Sprüche!

Reiner Aulenbacher, Sprecher der kämpferischen Bergarbeiterbewegung "Kumpel für AUF" im Saarland, gegenüber "rf-news": "Auch wenn ich als Bergarbeiter mittlerweile im Ruhestand bin, sind mir die Bergleute, egal wo sie auf der Welt arbeiten, nicht egal. Es ist eine Schande, wie mit unseren Kumpels in der Türkei umgesprungen wird. Nachdem bei dem Grubenunglück über 300 Kumpels ums Leben kamen, kam sehr schnell heraus, dass es bei der Sicherheitsüberprüfung erhebliche Unregelmäßigkeiten gab. Laut der Zeitung 'Hürriyet' hat der Schwager eines Bergwerksmanagers die Inspektion geleitet. Dass jetzt über 2.800 Kumpels per SMS gekündigt wurden, weil angeblich kein Geld für die Löhne da ist, das sieht für mich eher nach einem Vertuschungsversuch aus: 'Grube zu - Deckel drauf - Die Wahrheit bleibt unter Tage'."

Das Forum "Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz und Gesundheit" der 1. Internationalen Bergarbeiterkonferenz im März 2013 in Arequipa/Peru beschäftigte sich mit den Ursachen der nach wie vor zahlreichen Bergwerkskatastrophen und den Schlussfolgerungen daraus: "Es gilt den Widerspruch zu lösen zwischen Standards in der Sicherheit auf höchstem Niveau, wie sie heutzutage weltweit möglich wären, und den zum Teil erschütternden Arbeitsbedingungen mit Tausenden Toten und Verletzten pro Jahr. ... Der Kampf für Arbeitssicherheit ist keine Frage nur für Spezialisten. Sie betrifft das ganze Leben der Bergarbeiter und ihrer Familien. ... Die hauptsächlichen Gegenspieler in diesem Kampf sind heute die internationalen Übermonopole. Deshalb können wir heute den Kampf nicht aus einem Betrieb oder einem Land heraus gewinnen, weswegen wir uns in Gewerkschaften, revolutionären Parteien und internationalen Organisationen zusammenschließen müssen." (Aus einer Zusammenfassung der Forumsergebnisse - mehr zur 1. internationalen Bergarbeiterkonferenz unter www.minersconference.org)