Betrieb und Gewerkschaft

Amazon-Beschäftigte setzen Signal für Gewerkschaften als Kampforganisationen

Amazon-Beschäftigte setzen Signal für Gewerkschaften als Kampforganisationen
(foto: ver.di)

28.12.14 - Der bisher längste Streik bei Amazon für einen Tarifvertrag im Einzelhandel vom 15. Dezember bis zum 24. Dezember wurde am ersten Weihnachtstag vorläufig beendet. Rund 2.600 Beschäftigte in zeitweise sechs deutschen Standorten (Leipzig, Bad Hersfeld, Gruben, Koblenz, Werne, Rheinberg) beteiligten sich daran. Der Streik ist Ausdruck eines gewachsenen kämpferischen gewerkschaftlichen Bewusstsein, das sich im Gegenwind stärkt.

Bis jetzt weigert sich die Amazon-Konzernleitung, überhaupt mit ver.di zu verhandeln und will die Gewerkschaft aus dem Betrieb haben. Tatsächlich würde es ohne ver.di und die Streiks seit 2013 noch nicht einmal die Zugeständnisse geben, die Amazon mit 400 Euro Weihnachtsgeld (tariflich wären es 900 Euro) und rund 10,37 Euro Stundenlohn (tariflich wären es über 11 Euro) inzwischen gewährt. Umso wichtiger die Aufklärung unter den Kolleginnen und Kollegen, sich mit diesen Almosen - die jederzeit wieder kassiert werden können - nicht zufrieden zu geben.

Es wird einiges aufgeboten, um die Kolleginnen und Kollegen von einer gewerkschaftlichen Organisierung und vom Kampf abzuhalten. So wurde im laufenden Jahr von der Geschäftsleitung eine Unterschriftenliste mit dem Inhalt, sich von ver.di zu distanzieren, initiiert. Und es gibt nicht wenige, die nach langer Arbeitslosigkeit zunächst froh sind, einen Aushilfsjob zu bekommen mit der vagen Hoffnung, bei Bestleistung übernommen zu werden. Die Hartz-Gesetze zeigen ihre Wirkung auch in dem hohen Anteil von Befristungen. Mit Bespitzelung und Überwachung werden die Kolleginnen und Kollegen unter Druck gesetzt, mit Versprechungen für "Nichtgewerkschaftsmitglieder" wird versucht, sie zu ködern.

Auch dagegen richtet sich der Kampf der Amazon-Gewerkschafter. Es ist notwendig, die Diskussion um die Forderung nach einem allseitigen und vollständigen gesetzlichen Streikrecht gerade im Vorfeld des ver.di-Gewerkschaftstags zu beleben. Unterstützung erhalten die Streikenden unter anderem durch eine Petition mit bisher über 33.500 Unterstützerinnen und Unterstützern für einen Tarifvertrag sowie insgesamt bessere Arbeitsbedingungen.

Der Online-Versand Amazon mit 28 Standorten in neun Ländern treibt die Ausbeutung der Beschäftigten und den Raubbau an den natürlichen Lebensgrundlagen mit dem Anheizen des Konsums einzig für den Maximalprofit auf die Spitze. In Poznan und Wroclaw (das frühere Breslau) in Polen sowie in Tschechien wurden neue Standorte errichtet. In Polen über eine Sonderwirtschaftszone bis 2026 mit Steuerermäßigung von 70 Prozent und einem Stundenlohn von 3,98 Euro. Amazon steht breit in der Kritik wegen "Steuerflucht" und für seine gnadenlose Vernichtungsschlacht gegenüber dem Buchhandel einschließlich der Zensur von Schriftstellern.

Mit großer Freude wurde in Leipzig eine Delegation von polnischen Kollegen begrüßt, die solidarische Grüße überbrachte. Das ist ein guter Schritt auf dem Weg zur Überwindung der Spaltung für einen weltweiten Zusammenschluss aller Arbeiter. Es gibt viele Diskussionen, ob und wie ein solcher Konzern in die Knie gezwungen werden kann. Dass auf die Gerichte kein Verlass ist, zeigte der Beschluss des Verwaltungsgerichts, das den Antrag von ver.di zum Verbot von Sonntagsarbeit für den letzten Sonntag vor Weihnachten abwies.

Auch in anderen Branchen stehen die Beschäftigten im kommenden Jahr vor Tarifauseinandersetzungen oder im Kampf gegen Arbeitsplatzvernichtungspläne. Das erfordert und ermöglicht eine kämpferische Zusammenarbeit.

Die MLPD Leipzig lädt die Kolleginnen und Kollegen des Versandzentrums von Amazon ganz herzlich zu ihrer Silvesterfeier ein. Zum gemeinsamen Feiern und Kennenlernen der revolutionären Perspektive - für einen guten Start in ein kämpferisches Jahr 2015!