International

Bosnien: Das Massaker von Srebrenica jährt sich zum 20. Mal

Bosnien: Das Massaker von Srebrenica jährt sich zum 20. Mal
Auf dem Gelände der niederländischen UNO-Blauhelme (links: Foto von heute) sammelten sich die verängstigten Flüchtlinge damals. Ihre Leichen werden heute exhumiert (rechts) (Fotos: Julian Nitzsche/Adam68;Montage: "rf-news")

11.07.15 - Aus Anlass des 20. Jahrestages des Massakers von Srebrenica finden heute zahlreiche Veranstaltungen und Trauermärsche statt. Was sind die Hintergründe für dieses Völkerverbrechen?

Im Rahmen des Jugoslawien-Kriegs marschierten Anfang Juli 1995 bosnisch-serbische Armeeverbände und Paramilitärs unter Führung des Befehlshabers Ratko Mladic und des Generals Radislav Krstić in die von ihnen seit Jahren umzingelte UNO-"Schutzzone" Srebrenica ein. Rund 25.000 der bosniakisch-muslimischen Einwohner flohen auf das Gelände der dort stationierten niederländischen UNO-Blauhelm-Soldaten. Nahrung und Wasser waren kaum vorhanden. Bosnisch-serbische Einheiten schossen gezielt auf die Menschenmenge. Schreckensnachrichten über Vergewaltigungen und Morde breiteten sich unter den Flüchtlingen aus. Am 12. Juli begannen bosnisch-serbische Soldaten Frauen, Kinder und Alte abzutransportieren. Die UNO-Blauhelme schritten nicht ein, um das zu verhindern, sondern ergaben sich den Einheiten der bosnischen Serben.

Dabei wurden ca. 8.000 vorwiegend muslimische bosnische Männer und Jungen im wehrfähigen Alter zwischen 13 und 78 Jahren gezielt aussortiert und ermordet. Dieser Massenmord von Srebrenica ist das größte Massaker in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Die sogenannte "Schutzzone" der UNO in Srebrenica war von Anfang an nur halbherzig aufgebaut worden. Es ging den herrschenden Mächten in der UNO bei ihrem Kriegseinsatz auch nicht um den "Schutz" der bosnischen Bevölkerung, sondern um die Befriedung dieses Krisenherdes auf dem Balkan zum Schutz ihrer imperialistischen Interessen.

Zwar stehen die Hauptverantwortlichen für das Massaker, der bosnische Serbenführer Radovan Karadzic und General Mladic mittlerweile vor dem UN-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag, aber Gerechtigkeit ist den Angehörigen der Opfer von damals noch nicht widerfahren. Eine Lehrstunde in Sachen bürgerlicher Rechtsstaat war die Behandlung der Klage des Opferverbands „Mütter von Srebrenica“ beim Landgericht in Den Haag wegen unzureichender Maßnahmen für den Schutz der Menschen in der UN-Schutzzone. Statt einer Verurteilung billigte das Gericht den Vereinten Nationen Immunität zu. Auch weitere Klagen wurden niedergeschlagen oder es wurde ihnen nur halbherzig stattgegeben.

Diese grausamen Massaker wurden seither dazu genutzt, die Einsätze der UNO-Friedenstruppen zu rechtfertigen. Sie finden derzeit in 16 Ländern der Welt statt und dienen damals wie heute vor allem imperialistischen Interessen. Bundespräsident Gauck schreibt aus heutigem Anlass an den Bürgermeister von Srebrenica: „Srebrenica ist aber auch ein Symbol für das Versagen der Völkergemeinschaft geworden. Nur mit großer Scham kann ich daran denken, dass wir Sie allein gelassen haben: Die internationale Staatengemeinschaft schützte Srebrenica nicht, obwohl Srebrenica doch eine UN-Schutzzone war.“ Dabei lässt er aber ungesagt, dass gerade die deutsche Außenpolitik unter Hans-Dietrich Genscher Ende 1991 die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens durch die EU betrieb und damit die Spaltung des Vielvölkerstaats Jugoslawien besiegelte. Sie schürte damit einen gefährlichen Kriegsbrandherd. Von Anfang an versuchten die imperialistischen Mächte, den Zerfall Jugoslawiens zur Stärkung ihres Machtbereichs - vor allem gegenüber dem vorherrschenden russischen Einfluss - zu nutzen. Nachdem sich das Kriegsgeschehen in Bosnien-Herzegowina immer mehr ihrer Kontrolle entzog, besetzten sie das Land mit 60.000 Nato-Soldaten. Das Massaker von Srebrenica bot ihnen dafür einen willkommenen Vorwand.

Ein bosnischer Kollege berichtete gestern am Infostand der MLPD in Esslingen, dass heute unter der Politik des IWF das Elend unter den Massen noch viel größer ist als im ehemaligen Jugoslawien. Die Arbeitslosenquote beträgt über 40 Prozent, der Durchschnittslohn liegt bei 423 Euro. Einen wirklichen Ausweg aus der Sackgasse des bürgerlichen Nationalismus und von neokolonialer Abhängigkeit vom Imperialismus öffnet nur der sozialistische Weg der nationalen und sozialen Befreiung mit dem Ziel der Errichtung der vereinigten sozialistischen Staaten der Welt.