Wirtschaft
Griechenland: EU-Troika macht massiv Druck
01.02.15 - Mit ihrer Wahlentscheidung vom letzten Wochenende hat die griechische Bevölkerung ihre Ablehnung der EU-Politik zur Abwälzung der Krisenlasten auf ihrem Rücken zum Ausdruck gebracht. Das hat das allein herrschende internationale Finanzkapital und seine EU-Regierungen zu hektischen Reaktionen veranlasst. Alexis Tsipras, neu gewählter Ministerpräsident Griechenlands und Vorsitzender des siegreichen Wahlbündnisses Syriza hat mit einem vorläufigen Stopp der Privatisierung wichtiger Infrastrukturobjekte Entschlossenheit gezeigt. Gleichzeitig haben Berlin und Brüssel sofort den Druck auf die neue Regierung erhöht.
Zur Stützung der ultimativen Forderungen nach Einhaltung aller bisheriger sogenannten "Vereinbarungen", wurde eine Welle medialer Stimmungsmache in Szene gesetzt. Aber schon der Begriff "Vereinbarungen", verharmlost den Vorgang eines rigorosen EU-Diktat auf dem Rücken der griechischen Bevölkerung. Dabei ist bekannt, dass die griechische Arbeiterklasse und die Volksmassen die Politik der "Troika“ aus EU-Kommission, IWF und EZB mehrheitlich ablehnen. Besonders verhasst unter den griechischen Massen ist Angela Merkel. Sie ist in Deutschland stets scheinheilig um Dämpfung der Klassenwidersprüche bemüht, während sie in Griechenland ihr wahres unsoziales Gesicht zeigt.
Die Wiedereinstellung der seit über einem Jahr im Proteststreik stehenden 195 Reinigungskräfte im Finanzministerium durch die neue griechische Regierung war ein richtiges Zeichen. Das sahen einige bürgerliche Kommentatoren in Deutschland ganz anders. Sie schüren Ängste, dass die neue Regierung mit solchen „Geschenken“ sorglos auf Kosten der übrigen EU-Länder handeln würde.
Talkrunden wie bei Maybrit Illner wurden zur Bühne für reaktionäre Stimmungsmache. EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) erklärte dort am Donnerstagabend zynisch, die Griechen sollten sich nicht so haben, ihnen würde es vergleichsweise gut gehen, wenn man an Bulgarien oder andere osteuropäische Länder denke.
Die völlig normale Forderung der griechischen Regierung, vor neuen Sanktionen gegen Russland gehört zu werden, veranlasste „BILD“ zu dem reißerischen Aufmacher: „Kauft Russland jetzt Griechenlands Schulden auf?“ Dazu wurde der russische Finanzminister groß ins Bild gesetzt. Als Beweis für die „Russland-Connection“ der neuen griechischen Regierung wird angeführt, dass einige ihrer Mitglieder früher in der Kommunistischen Partei Griechenlands waren, dass sie angeblich in Moskau studiert haben und dass andere über die griechisch-orthodoxe Kirche mit Russland verbandelt seien.
Welche Rolle der russische Imperialismus tatsächlich beim Tauziehen um Griechenland spielt, ist derzeit noch nicht abzusehen. Von Teilen der griechischen Regierung wird mit dieser Connection auf jeden Fall versucht, die Widersprüche zwischen dem russischen Imperialismus und den imperialistischen EU-Führungsmächten als Verhandlungsmasse zu gebrauchen.
Noch ist nicht klar, welchen konkreten Kurs die neue griechische Regierung einschlagen wird. Der Rauswurf der "Troika" durch den neuen Finanzminister Yanis Varoufakis, mit der Erklärung, eine weitere Zusammenarbeit mit Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfond und Europäischer Kommission werde es nicht geben und auf die letzte Tranche der "Hilfsgelder" werde verzichtet, entspricht in jedem Fall dem Willen der Wählerschaft. Im Syriza-Bündnis arbeitet auch die Kommunistische Organisation Griechenlands (KOE) mit. Sie ist - wie die MLPD - Mitglied der revolutionären Weltorganisation ICOR.
Die Hoffnung und Sehnsucht der griechischen Massen nach grundlegenden Veränderungen, die sich im Linkstrend bei den Wahlen ausgedrückt hat, ist auf viel Sympathie unter der Bevölkerung anderer EU-Krisenländer wie Spanien, Italien, Portugal, Irland getroffen.
Die "Rote Fahne" schreibt in ihrer Ausgabe vom 30. Januar: "Ein Ausscheren aus der internationalen kapitalistischen Produktion und den internationalen Abhängigkeiten ist heute kaum in einem einzelnen, noch dazu kleinen Land denkbar. Deshalb müssen die revolutionären Kräfte und ihr Zusammenschluss in der ICOR gestärkt werden und länderübergreifend Kämpfe gegen das allein herrschende internationale Finanzkapital und seine Regierungen koordiniert und revolutioniert werden."
Den ganzen Artikel "Griechenland: Verstärkter Linkstrend – massive Absage an EU-Politik" aus "Rote Fahne" 5/2015 lesen
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