International
Proteste gegen Metallstreik-Verbot in der Türkei
05.02.15 - Die türkische Erdogan-Regierung hat am 30. Januar einen landesweiten Streik von Metall-Arbeitern verboten, an dem sich nach dem Aufruf ihrer Gewerkschaft Birleşik Metal-İş (BMI - Vereinte Metallarbeitergewerkschaft) am 29. Januar bis zu 15.000 Kollegen in 22 Werken beteiligten. Das Streikverbot wurde öffentlich vom türkischen Metallunternehmerverband MESS gefordert. Erdogan nutzte dazu das "Türkische Gesetz Nr. 6356 über Gewerkschaften und Tarifvertrag" aus der Zeit der Militärjunta der frühen 1980er Jahre, das eine "Suspendierung" von Streiks für 60 Tage ermöglicht. Dazu muss nur erklärt werden, der Streik würde gegen die "nationale Sicherheit" verstoßen. Bereits 2014 hatte die Erdogan-Regierung mit dieser Begründung Streiks im Bergbau und in der Glasindustrie verboten.
Von der Arbeitsniederlegung waren überwiegend internationale Übermonopole aus Europa und Japan betroffen. Die Metallindustrie hat sich in den letzten zehn Jahren zur größten Branche der türkischen Industrie entwickelt. Pkw, Lkw und Automobilteile stehen an der Spitze der türkischen Ausfuhren. Dazu wurde die Ausbeutung in den Betrieben massiv verschärft. Die Arbeiter sind oft gezwungen, durch Überstunden Arbeitszeiten von bis zu 14 Stunden hinzunehmen, um ihre Familien überhaupt ernähren zu können.
Deshalb fordern die türkischen Metaller deutliche Lohnerhöhungen. Sie wollen auch eine Reduzierung großer Unterschiede in der Bezahlung verschiedener Berufsgruppen. Außerdem fordern sie wirksame Maßnahmen gegen die gefährlichen Zustände in den Fabriken, die zu zahlreichen oft tödlichen Unfällen führen. MESS hatte vor dem Streik provokativ jedes Zugeständnis an BMI abgelehnt. Stattdessen schloss MESS mit zwei der Regierung bzw. den faschistischen "Grauen Wölfen" nahestehenden Spalter-Gewerkschaften Verträge ab, die weitere Verschlechterungen beinhalten.
Die ultrareaktionäre AKP-Regierung unter Erdogan zeigt mit dem Streikverbot erneut ihr arbeiterfeindliches Wesen. Sie war schon mit für den Tod von 301 Bergarbeitern der Zeche Soma verantwortlich, die aufgrund der Profitgier der Zechenbesitzer, erbärmlicher Arbeitsschutzvorschriften und unterlassener Kontrollen vor gut einem halben Jahr ihr Leben verloren. Das hat das Klassenbewusstsein der Arbeiter in der Türkei herausgefordert. Die Erdogan-Regierung setzt willkürlich demokratische Rechte außer Kraft - diese Woche soll eine weitere Verschärfung des Demonstrationsrechts ins Parlament -, hat brutal die sogenannte Gezi-Park-Revolte im Juni/September 2013 unterdrückt und unterstützt den Terror des faschistischen IS in immer mehr Ländern.
Die türkischen Metallarbeiter sind entschlossen, sich dem Streikverbot nicht zu beugen. Die Belegschaften aus anderen Industriezweigen und große Teile der Bevölkerung sind solidarisch. Adnan Serdroglu, der Vorsitzende der Gewerkschaft BMI erklärte: "Diejenigen, die denken, es wird jetzt Frieden an den Arbeitsplätzen geben, wenn sie den Arbeitern das Streikrecht nehmen, werden sich irren." Zunächst sind landesweite Protestkundgebungen geplant. In fünf Betrieben, darunter zwei mit rund 600 bis 700 Beschäftigten, wird nach wie vor nicht gearbeitet. In den anderen Betrieben wurde zwar die Arbeit wieder aufgenommen, aber die Produktion auf bis zu 20 Prozent heruntergefahren.
Die internationale Arbeiterbewegung ist aufgerufen, den Kampf gegen das Streikverbot und für die berechtigten Forderungen der türkischen Metaller zu unterstützen. Der Streik wird auch von revolutionären, marxistisch-leninistischen und fortschrittlichen Organisationen unterstützt mit denen die MLPD zusammenarbeitet. So erklärt die Migrantenorganisation BIR-KAR (Plattform der Arbeiter für die Einheit und Freundschaft der Völker): "Die kapitalistische und islamisch fundamentalistische AKP-Regierung eilte dem Arbeitgeberverband der Metallindustrie zu Hilfe und gab ein Streikverbot kund. Die legitime Forderung von rund 15.000 Metallarbeitern wird aufgrund von 'Gefährdung der nationalen Sicherheit' verhindert und angegriffen." Weiter ruft BIR-KAR auf: "Lasst uns diesen Widerstand mit internationaler Solidarität unterstützen!"
Diese politische Machtprobe in der Türkei findet zeitgleich mit dem Tarifkampf der Metallarbeiter in Deutschland statt und richtet sich weitgehend gegen die gleichen internationalen Monopole. Ein guter Grund die Tarifrunde im Geiste eines gemeinsamen Kampfs als internationale Arbeiterklasse zu führen. Warnstreiks, Kundgebungen und IGM-Versammlungen zur Tarifrunde sind eine gute Gelegenheit, um die Solidarität und den Protest gegen das Streikverbot zu organisieren, entsprechende Erklärungen zu verabschieden usw. Dazu ruft auch der internationalen Gewerkschaftsdachverband IndustriALL auf, in dem die IG Metall Mitglied ist.
Solidaritäts- und Protesterklärungen können geschickt werden an: Birleşik Metal-İş: bilgi@birlesikmetal.org und info@birlesikmetal.org.