International
Frankreich: Hunderttausende beim landesweiten Streik- und Aktionstag
18.04.15 - Frankreich gehört zu den imperialistischen Kernländern der EU. Die sozialdemokratische Hollande-Regierung versucht, die Klassenwidersprüche zu dämpfen. Dass eine sozialdemokratische Regierung einen Kurs der sozialen Demontage betreibt, musste unter den Massen erst einmal verarbeitet werden. In Umfragen ist Hollandes Stern schon längst gesunken. Aber jetzt beginnen die französischen Werktätigen offenbar auch eine Zurückhaltung in Kämpfen zu überwinden. Das geht aus einer Korrespondenz aus Paris hervor. Dort wird über den landesweiten Streik- und Aktionstag berichtet, der bereits am 9. April 2015 stattfand:
300.000 Menschen gingen in über 80 Städten Frankreichs auf die Straße. Dem Streikaufruf der Gewerkschaften, voran der CGT, waren noch mehr Menschen gefolgt. 250 Busse fuhren allein zur Demonstration nach Paris, wo auch Louvre und Eiffelturm bestreikt wurden. Auch Eisenbahner, Krankenschwestern, Lehrer, Mitarbeiter von Energieversorgern und andere Beschäftigte folgten dem Aufruf der CGT und legten die Arbeit nieder. Der staatliche Rundfunk Radio France wurde bereits die dritte Woche in Folge bestreikt, weil 380 Arbeitsplätze vernichtet und ein Orchester entlassen werden sollen. Sogar die Finanzinspektoren reihten sich in die Aktionen ein. Lehrerinnen und Lehrer demonstrierten gegen die Einsparung von Mitteln ausgerechnet bei Schulen in sozialen Brennpunkten und die Verschlechterung der Lernbedingungen. Ein Streik der Fluglotsen fand in den Tagen vor dem landesweiten Aktionstag und auch am Streiktag selbst statt.
Automobilarbeiter beteiligten sich an den Demonstrationen, darunter PSA-Arbeiter in Montbéliard. Dort hatten mehrere Gewerkschaften aufgerufen. Parolen waren u.a.: "Les jeunes en galère, les vieux à la misère, on en veut pas de société là!" (Die Jungen sollen schuften, die Alten kommen ins Elend, wir wollen so eine Gesellschaft nicht mehr).
Arbeitsplatzvernichtung, Firmenschließungen und Rationalisierungen prägen das Bild in Frankreich - bei gleichzeitigen Milliardenprofiten der internationalen Monopole wie Sanofi etc. Die Arbeitslosigkeit steigt: sie liegt bei mittlerweile 10 Prozent, 5 Millionen Menschen sind betroffen.
Von Anfang an hat die sozialdemokratische Regierung von François Hollande gezeigt, auf welcher Seite sie steht: Die kämpfenden PSA-Arbeiter ließ sie im Regen stehen, für Großkonzerne gab es weitere Steuerleichterungen und Subventionen, Sozialleistungen für die Massen wurden abgebaut. Haushaltskürzungen von 50 Milliarden Euro, die Privatisierung des öffentlichen Dienstes usw. treffen die große Masse der französischen Bevölkerung.
Beim Streiktag stand ein neues Regierungsgesetz besonders am Pranger: "Loi Macron – loi des patrons" ("Macron-Gesetz - Gesetz für die Chefs"; Macron ist der Wirtschaftsminister). Dieses Gesetz erleichtert Entlassungen, Nacht- und Sonntagsarbeit, weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Diese Politik tritt mit Füßen, was die Arbeiterbewegung sich erkämpft hat und der Zorn ist deshalb groß.
Zig kleinere und größere Kämpfe in den verschiedensten Betrieben und Bereichen, teils über Wochen und Monate hartnäckig geführt, zeigen, dass die Arbeiter ihre Interessen in die eigene Hand nehmen und für Arbeitsplätze, höhere Gehälter, verbesserte Arbeitsbedingungen kämpfen. Vereinzelt wurde auch die in den letzten Jahren verstärkte Repression der Regierung angeprangert, die Einschränkung des Demonstrationsrechts, die reaktionäre Einwanderungspolitik. Einige Organisationen riefen zur Solidarität mit dem griechischen Volk auf und gegen die Erpressung Griechenlands durch die imperialistische EU-Politik.
Von den Umweltproblemen war in den Gewerkschaftsaufrufen nicht ein Wort zu lesen, obwohl am Streiktag bei strahlendem Sonnenschein beinah ein Fahrverbot für Autos in Paris verhängt worden wäre, so sehr war die Luft belastet.
Die revolutionäre Strömung in Frankreich orientierte am Streiktag darauf: "Das ganze System muss gestürzt werden!" Wenn unter den Massen auch die "Politik des großes Geldes" breit abgelehnt wird, so ist doch eine zähe und systematische Kleinarbeit notwendig, um von der sozialistischen Alternative zu überzeugen. Klare Argumente dafür, Kampf gegen den modernen Antikommunismus und eine lebendige, überzeugende Praxis sind nur möglich mit dem Aufbau einer starken marxistisch-leninistischen Partei in Frankreich. Jeder Revolutionär, jede Revolutionärin ist herausgefordert, dazu beizutragen.