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EU-Flüchtlingsgipfel dokumentiert Scheitern der imperialistischen Flüchtlingspolitik

 EU-Flüchtlingsgipfel dokumentiert Scheitern der imperialistischen Flüchtlingspolitik
Internationalistische Solidarität in Berlin (foto: montecruz)

25.05.15 - Mehr als 1.750 Menschen, die aus Elend, Umweltzerstörung und vor Kriegen aus Vorderasien und Afrika Richtung Europa geflüchtet sind, sind bereits dieses Jahr im Mittelmeer ums Leben gekommen. Diese Woche war ein Schiff gekentert, über 800 Menschen sind ertrunken. Die Empörung unter den Menschen über unterlassene Hilfeleistung der Europäischen Union ist riesengroß. Unter dem Druck der katastrophalen Entwicklung und der massiven Kritik hat der EU-Flüchtlingsgipfel am 23. April 2015 in Brüssel einen Zehn-Punkte-Plan verabschiedet. Er ändert am Kern der reaktionären EU-Flüchtlingspolitik nichts. Zuerst heuchelten die Staats- und Regierungschefs noch Mitgefühl, um jedoch gleichzeitig kategorisch zu erklären, dass sie keinerlei Verantwortung für die Katastrophen auf dem Mittelmeer trügen.

Das ist durch und durch falsch. Wer vernichtet denn die Existenz afrikanischer Bauern und Fischer durch Freihandelsabkommen, die der heimischen Wirtschaft den Hals zuschnüren? Wer beutet Afrikas Rohstoffe aus? Wer liefert den Elektroschrott Europas auf riesige giftige Müllkippen in Afrika? Es ist die EU-"Entwicklungs"politik im Dienste der Ausbeutung durch das allein herrschende internationale Finanzkapital, die eine der hauptsächlichen Ursachen für die Flüchtlingsströme darstellt.

Der Flüchtlingsgipfel äußerte die Absicht, mehr Geld für die Seenotrettung zur Verfügung zu stellen. "Triton" und "Poseidon" sollen aufgerüstet werden, unter Umständen in einem größeren Gebiet unterwegs sein.

Den "Willkommenszentren", die der deutsche Innenminister Thomas de Maizière in Libyen errichten wollte, wurde auf dem Gipfel zwar erstmal eine Absage erteilt. Jedoch nur dem Namen nach: Die "Verbindungsbeamten", die die EU-Kommission in wichtigen Ländern einsetzen will, die "zum Beispiel Informationen zu Flüchtlingsbewegungen sammeln", werden ebenso zur Abschreckung der Flüchtlinge dienen. Schnelle Abschiebung von "illegalen Einwanderern" unter Koordination der "Frontex" und verschärfte Kontrollen gegenüber Flüchtlingen, z.B. Fingerabdrücke, sind weitere reaktionäre Bestandteile des 10-Punkte-Plans. Auch ein Militäreinsatz in Libyen wird erwogen.

Selbst einer minimal verbesserten Seenotrettung stimmt Thomas de Maizière nur zähneknirschend zu. Unter dem Vorwand, Schleuserbanden bekämpfen zu wollen, lässt er sich immer neue Abschreckungsszenarien einfallen. So will er "Mitarbeiter" nach Italien und Griechenland entsenden, die bei der "Registrierung der Flüchtlinge" helfen. Die EU könne nun mal nicht "jeden aus Afrika aufnehmen, der nach Europa kommen wolle." Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte Italien und Griechenland wegen "ungenügender Registrierung von Asylsuchenden" und will eine andere Verteilung der Flüchtlingsströme in Europa durchsetzen: Deutschland soll demnach noch weniger aufnehmen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) wollte auf dem Gipfel nichts mehr davon wissen, dass er sich noch kurz zuvor vehement für mehr Einwanderungsmöglichkeiten nach Europa ausgesprochen hatte.

Nach der jüngsten Flüchtlings-Ratssitzung ist endgültig offenkundig: Es besteht kein Interesse vonseiten der imperialistischen Europäischen Union an einer selbstlosen und menschlichen Flüchtlingspolitik. Es wurden die Mittel verdreifacht, aber, es „werden jetzt einige Euro mehr in ein Programm gepumpt, das vor allem der Abwehr von Flüchtlingen dient, statt ihrer Rettung aus der Hölle auf Erden“, schreibt der WDR2-Kommentar „Klartext“. Die Flüchtlingsorganisation „ProAsyl“ spricht von einem „Gipfel der Schande“, andere kritisieren, der Gipfel habe selbst die niedrigsten Erwartungen noch unterboten.

Die imperialistische EU-Flüchtlingspolitik ist sowohl nach innen wie nach außen gescheitert. Die Massen in Europa stehen für unmittelbare Hilfe, wie zum Beispiel auf den italienischen Mittelmeerinseln. Entgegen den Versuchen von faschistoiden Gruppen wie „Pegida“, nationalistische Spaltung zu verankern, ist die Stimmung der Massen in Deutschland für eine menschlichere Asylpolitik. 50 Prozent meinen, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen sollte und 72 Prozent sprachen sich in einer TNS/Emnid-Umfrage dafür aus, dass Asylbewerber schon während ihres Verfahrens arbeiten dürfen.

Nach Jahrzehnten "Entwicklungshilfe" der großen imperialistischen Staaten können die Massen auf dem afrikanischen Kontinent nicht in Würde leben. Nach der Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008 bis 2014 hat sich ihre Lage noch verschlimmert. Der EU-Ratsgipfel vom Oktober 2013 befasste sich nur unter dem Druck der Ereignisse auf Lampedusa mit der Flüchtlingsfrage. Sein Hauptthema war, wie die „Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft“ gesteigert werden kann. Dazu gehört der freie Zugang zu billigen Ressourcen, Raubbau mit der Folge der Zerstörung der natürlichen Umwelt und Landraub für großflächige Monokulturen.

Der Kampf für ein fortschrittliches Asylrecht in Europa muss dringend verbunden werden mit dem länderübergreifenden Kampf gegen die imperialistische Ausplünderung von Mensch und Natur und für den echten Sozialismus. Daran arbeiten die ICOR-Parteien und -Organisationen in Afrika und Europa zusammen. Immer verbunden mit einem Kampf um die Denkweise, den Imperialismus vor Ort im eigenen Land zu bekämpfen, statt die Flucht zu ergreifen.