Politik

Bielefelder Parteitag der Linkspartei: Gysi und der "Akzeptanzschub"

Bielefelder Parteitag der Linkspartei: Gysi und der "Akzeptanzschub"
Gregor Gysi (Foto Kuebi)

11.06.15 - Der am 6./7. Juni stattgefundene Bielefelder Parteitag der Linkspartei hat in einer Resolution seine Solidarität mit der HDP (Demokratische Partei der Völker) ausgedrückt und aufs „Schärfste“ den Bombenanschlag auf eine Wahlkundgebung der HDP verurteilt. Die Linkspartei rief, wie auch die MLPD, in Deutschland zur Wahl der HDP bei den Parlamentswahlen in der Türkei auf. Der Parteitag bekräftigte seine Ablehnung von Rüstungsexporten und der Stationierung der Bundeswehr in der Türkei. Diese wichtigen weltpolitischen Fragen spielten auf dem Bielefelder Parteitag jedoch nur am Rande eine Rolle.

Im Mittelpunkt stand die Inszenierung des politischen Vermächtnisses von Gregor Gysi als Vordenker der Linkspartei und sein Rückzug von der Funktion des Fraktionsvorsitzenden im Bundestag. Die Parteitagsregie hatte es so organisiert, dass Gysi ganz am Ende ohne Möglichkeit zur Diskussion durch die Delegierten mitteilte, was alle schon mehr oder weniger ahnten: Er werde den Fraktionsvorsitz im Herbst 2015 abgeben. Für die Nachfolge an der Spitze der Fraktion sind als Doppelspitze Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch im Gespräch.

Gysi sieht es als eines seiner größten Verdienste an, „dass die Partei und ich in der Gesellschaft einen nicht ganz unbeachtlichen Akzeptanzschub genommen haben“. Gemeint ist damit die Akzeptanz durch die Vertreter des herrschenden kapitalistischen Gesellschaftssystems. Erreicht hat Gysi dies zum einen, weil er ein glühender Vertreter des modernen Antikommunismus ist. So betont er auch in dieser Parteitagsrede demagogisch, dass die Linkspartei „ein zutiefst kritisches Verhältnis zum Staatssozialismus, also auch zur DDR“ brauche. Damit betreibt er bewusst Spurenverwischung. Gysi kennt bestens die Realität in der DDR.

Eine Unterscheidung zwischen „Staatssozialismus“ und „demokratischem Sozialismus“ findet sich in der gesamten Terminologie des wissenschaftlichen Sozialismus nicht. Sie legt nahe, dass es auch einen „undemokratischen“ Sozialismus geben könnte. Der Sozialismus bedeutet aber sowohl breiteste Demokratie für die Massen als auch Unterdrückung der alten Ausbeuter und Unterdrücker. Mit solchen Wortschöpfungen versucht Gysi die berechtigte Kritik am bürokratischen Kapitalismus in der DDR zur Diskreditierung des echten Sozialismus zu missbrauchen. Zur schöpferischen Kritik der MLPD an der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion und der DDR ab 1956 schweigt er bis heute bzw. tut sie überheblich ab.

Er jagt dagegen lieber der Illusion nach, das „Störende am Kapitalismus zu überwinden“, und was am „Kapitalismus nicht stört“, zu erhalten. Ein bisschen Ausbeutung von Mensch und Natur durch den Kapitalismus gibt es aber genauso wenig wie ein bisschen schwanger!

Zum „Akzeptanzschub“ der Linkspartei gehört auch die Bereitschaft Gysis, weitere Grundsatzpositionen der Partei aufzugeben. Geht es nach Gysi, solle man dafür auch bei der „Frage von Auslandseinsätzen“ der Bundeswehr mit sich reden lassen („junge Welt“, 8. 6. 15). Das ganze Vermächtnis von Gysi läuft vor allem auf die Zielsetzung hinaus, auch auf Bundesebene mitzuregieren. Damit stößt er aber auch innerhalb der Linkspartei auf einigen Widerspruch.