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EU-(Flüchtlings-)Krise

EU-(Flüchtlings-)Krise
Boot mit Flüchtlingen im Mittelmeer

14.09.15 - Erst hat die Bundesregierung das von ihr selbst maßgeblich durchgesetzte "Dublin-Verfahren" der EU gekippt, nach dem Flüchtlinge im jeweiligen Ankunftsland registriert werden müssen. Als der Flüchtlingsstrom aus Ungarn immer mehr anschwoll, hat sie jetzt das Schengen-Abkommen außer Kraft gesetzt, das Reisefreiheit zwischen den 26 Mitgliedstaaten vorsieht. Ab sofort werden wieder Grenzkontrollen durchgeführt. So viel zum "Europa der offenen Grenzen", mit dem die bürgerlichen Politiker die EU so gerne anpreisen!

Nachdem Ungarn die von Serbien kommenden Flüchtlinge ohne Registrierung weiterhin direkt in Zügen zur österreichischen Grenze transportiert, hat mittlerweile auch Österreich wieder Grenzkontrollen eingeführt. Das zeigt, wie die Krise der Flüchtlingspolitik der EU gleichzeitig auch die Widersprüche zwischen den EU-Staaten verschärft und die Krise der EU insgesamt vertieft.

Merkels Schwenk beim "Dublin-Verfahren" war vor allem eine Reaktion auf die wachsende Massenbewegung zur Solidarität mit den Flüchtlingen. Die Wiedereinführung der Grenzkontrollen wirft ein Schlaglicht auf ihre angebliche "Willkommenskultur". CSU-Chef Horst Seehofer, dessen "Kritik" Merkel vorgestern noch zurückgewiesen hat (siehe Artikel von gestern), frohlockt, dass die jetzigen Maßnahmen auf seinen Wunsch hin zustande kamen.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert, das Tempo der Massenflucht müsse "gedrosselt" werden. Es ist zutiefst zynisch, wie er über Menschen spricht, die aus purer Not zur Flucht gezwungen sind. Seine Forderung wird für viele Flüchtlinge bedeuten, an den Grenzen tagelang im Freien zu campieren, unterversorgt, bei katastrophalen hygienischen Zuständen. Dabei brauchen sie dringend sichere Unterkünfte, nachdem sie oft eine tagelange Odyssee hinter sich haben. Wie soll sich das Tempo der Massenflucht drosseln lassen, ohne etwas an den Fluchtursachen zu ändern? Die Grenzkontrollen tragen dazu nicht das Geringste bei. Syrien ist bereits zu fast 50 Prozent entvölkert. Die Situation in diesen Ländern, für die auch die imperialistische deutsche Regierung verantwortlich zeichnet, ist nach wie vor dramatisch.

Innenminister Thomas de Maizière begründet das jetzige Vorgehen unter anderem damit, dass man "nicht auf einmal 800.000 Arbeitsplätze schaffen" könne. Er weiß ganz genau, dass für Flüchtlinge in Deutschland erst mal Arbeitsverbot herrscht. Die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge ist zudem erheblich größer als die Zahl derjenigen, die dauerhaft hier bleiben. Auch passt seine Stimmungsmache nicht so recht zu dem von den Unternehmerverbänden immer wieder angemahnten Arbeitskräftebedarf. Sie zielt vor allem darauf ab, zu spalten.

In einem neuen Flugblatt des Jugendverband REBELL heißt es dazu: "Mit dem Freihandelsabkommen TTIP soll selbst der Atlantik kein Hindernis mehr für die Kapitalströme deutscher Unternehmen sein – doch gegen Flüchtlingsströme aus Kriegsgebieten werden 21 Hundertschaften der Polizei in Bayern eingesetzt. 'Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze; das gilt auch für die Flüchtlinge, die aus der Hölle eines Bürgerkriegs zu uns kommen', tönte Angela Merkel noch am Freitag. Diese Heuchelei der Bundeskanzlerin führt die jetzige Politik ad absurdum. ...

Mit ihrer menschenverachtenden Logik will die deutsche Regierung die Flüchtlinge bereits an den Außengrenzen der EU aufhalten, um in Deutschland selbst Friede, Freude, Eierkuchen vorzugaukeln. ... Um dieses menschenverachtende System abzuschaffen müssen wir uns zusammenschließen. Ganz egal, wo Du herkommst: Grenzen überwinden – für Befreiung kämpfen!" (Gesamter Text des Flugblatts)