Betrieb und Gewerkschaft

IG-Metall-Gewerkschaftstag: Viele Anträge wollen kämpferische Positionierung statt Co-Management

IG-Metall-Gewerkschaftstag: Viele Anträge wollen kämpferische Positionierung statt Co-Management
Der gewählte IGM-Vorsitzende Jörg Hofmann (links) bei einem Gespräch mit Ford-Arbeiterinnen und -Arbeitern. (foto: Jochen Faber/CC BY SA 4.0)

22.10.15 - Der gegenwärtig tagende 23. Ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall (18. bis 24. Oktober) bekommt mehr Aufmerksamkeit in den Medien als in den letzten Jahren. Im Mittelpunkt steht die Frage der Zukunft der mit heute 2,27 Millionen Mitgliedern größten Einzelgewerkschaft der Welt. Die Anträge an den Gewerkschaftstag bringen Auseinandersetzungen zu brennenden gesellschaftlichen Fragen zum Ausdruck, auch wenn sie nur bedingt die oft kontroversen Diskussionen und widersprüchlichen Standpunkte auf den Mitglieder- und Delegiertenversammlungen an der Gewerkschaftsbasis repräsentieren. Ein Korrespondent schreibt dazu:

"In den Anträgen spiegelt sich der reale Richtungskampf innerhalb der IG Metall wider: Zwischen der Notwendigkeit und dem Anliegen, die Gewerkschaften zu Kampforganisation zu machen, und Bestrebungen des Vorstands, den Übergang zum immer offeneren Co-Management mit den Konzernspitzen durch den Gewerkschaftstag absegnen zu lassen.

Mit Abstand die meisten Anträge erheben die Forderung, die IG Metall möge (wieder) richtig aktiv werden gegen die Rente mit 67, gegen Rentenkürzungen, für die paritätische Finanzierung und für ein würdevolles Leben im Alter. Eine Reihe von Anträgen richtet sich gegen Lohndiskriminierung von Frauen, andere wollen die Anhebung der Hartz-V-Sätze oder die Rückkehr zur Regelung vor Hartz IV. Die Verteidigung und Erweiterung des Streikrechts machen neun Anträge zum Gegenstand und sprechen sich dabei mehrheitlich gegen das 'Tarifeinheitsgesetz' aus. Für eine fortschrittliche Flüchtlingspolitik, antifaschistischen Widerstand und die Stärkung der internationalen Solidarität (z.B. mit dem griechischen Volk) sprechen sich ebenfalls zahlreiche Antragsteller aus.

Interessant sind zwei Anträge, die den Vorstand auffordern, für die Rehabilitierung von Betroffenen des früheren "Radikalenerlasses" aktiv zu werden, der sich vor allem gegen sozialistisch/kommunistisch eingestellte Beschäftigte im Staatsdienst richtete. Das Eintreten für 'Sofortmaßnahmen im Kampf gegen eine globale Umweltkatastrophe und aktive Mitarbeit beim Aufbau einer international vernetzten Umweltbewegung gegen die Zerstörung der grundlegenden Einheit von Mensch und Natur durch die Profitwirtschaft' soll Satzungsauftrag der IG Metall werden. Das fordern Anträge aus Dortmund und Eisenach. Weitere Anträge fordern das klare Verbot von Fracking."

Das zentrale Thema im Vorfeld des Gewerkschaftstags, den VW-Skandal, versuchte die Konferenzregie möglichst niedrig zu hängen. Zu offensichtlich ist, dass die IGM-Führung insbesondere in Gestalt von Ex-IGM-Chef Berthold Huber voll in die Konzernstrategie einbezogen war – inklusive sämtlicher Angriffe auf die Belegschaft, wie die Ausweitung von Leiharbeit und Werksverträgen. Besonders pikant ist, dass unter seinem Vorsitz auch die antikommunistischen Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegenüber der MLPD verschärft wurden.

Der am Dienstag neu gewählte IGM-Vorsitzende Jörg Hofmann war von 2013 bis 2015 Stellvertreter des bisherigen Vorsitzenden Detlef Wetzel. Zuvor war er ab 2003 als Nachfolger von Berthold Huber Bezirksleiter des IG-Metall-Bezirks Baden-Württemberg. Hofmann ist SPD-Mitglied. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Huber ist er bis jetzt nicht durch antikommunistische Ausfälle aufgefallen, hat sich allerdings auch zu den Unvereinbarkeitsbeschlüssen bislang nicht positioniert. 

Auf dem Gewerkschaftstag musste Hofmann kritischen bzw. kämpferischen Stimmungen an der Basis durchaus Rechnung tragen. So positionierte er sich für eine Eindämmung von Werksverträgen und Leiharbeit. "rf-news" wird sich weiter mit Ergebnissen und Verlauf des Gewerkschaftstags der IG Metall auseinandersetzen.