Politik
Mit dem Neun-Punkte-Paket zeigt die Bundesregierung ihr flüchtlingsfeindliches Gesicht
07.11.15 - Nachdem am 1. November SPD-Chef Sigmar Gabriel noch den "Flüchtlingsgipfel" der Regierung vorzeitig verließ, hat sich die Koalition vorgestern auf ein Neun-Punkte-Paket von reaktionären Maßnahmen zur weiteren Beschränkung des Asylrechts geeinigt. Die zuvor offen aufgebrochene Koalitionskrise wird damit notdürftig beigelegt, die offene Krise ihrer Flüchtlingspolitik besteht weiter.
Während weiter Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken - mindestens 3.440 nach UN-Angaben allein in diesem Jahr - und tausende Menschen auf der Balkanroute bei zunehmend eisigen Temperaturen oft unter freiem Himmel schlafen müssen, zeigt die Bundesregierung, was sie unter "Willkommenskultur" versteht. Ihr neues Neun-Punkte-Paket bedeutet: Abschrecken, Abschotten, Abschieben, Aushöhlen!
Abschrecken und Abschotten
Insbesondere die Unionsparteien, die ständig die Familie als höchstes Gut des menschlichen Daseins im Munde führt, haben kein Problem damit, Flüchtlingsfamilien ins Elend zu treiben. Für "subsidiär", also zeitweilig aufgenommene Flüchtlinge, die nicht abgeschoben werden können, weil ihnen Tod, Folter oder ernsthafte Bedrohung im Herkunftsstaat droht, soll der Familiennachzug bis auf zwei Jahre ausgesetzt werden. Allein in diesem Jahr sind hiervon ca. 1.400 Personen betroffen, vornehmlich aus Afghanistan.
Innenminister Thomas de Maizière ließ gegenüber "Deutschlandradio" durchblicken, dass das auch für Flüchtlinge aus Syrien gelten soll. Das Bundesamt für Migration war bereits angewiesen, Syrer nur noch in die geringste Schutzgruppe einzustufen. Obwohl das offenbar in der Koalition abgestimmt war, distanzierten sich nach den empörten Reaktionen darauf auch SPD-Politiker wie Vize-Parteichef Ralf Stegner. Auch de Maizière musste darauf zurückrudern und ließ den Regierungssprecher beteuern, dass vorläufig alles beim Alten bliebe.
Abschieben und Aushöhlen
Beschlossen hat die Koalition drei bis fünf Internierungslager - die zwar jetzt nicht mehr "Transitzone" heißen, aber innerhalb Deutschlands eingerichtet werden, um Flüchtlingsgruppen beschleunigt abschieben zu können. Hierzu gehören in Not geratene Flüchtlinge aus sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten" wie Mazedonien, Serbien, Bosnien-Herzegowina oder Albanien, Flüchtlinge mit Wiedereinreisesperren und Folgeanträgen sowie Flüchtlinge "ohne Mitwirkungsbereitschaft".
In diesen Aufnahmeeinrichtungen soll eine verschärfte Residenzpflicht gelten. Wenn Flüchtlinge den Bezirk des Aufnahmezentrums verlassen, werden sie mit Leistungsentzug bestraft und ihr Asylantrag wird bis auf weiteres nicht weiter bearbeitet. Insbesondere der letzte Punkt ist auch ein Verstoß gegen europäisches Recht und stellt eine weitere Aushöhlung des Asylrechts da.
Bestandteil der Regierungsbeschlüsse sind aber auch die angekündigten Massencamps – genannt "Hotspots" – in Griechenland und Italien. Und ausgerechnet mit der Türkei, wo Menschen jetzt schon vor der AKP-Erdogan-Politik auf der Flucht sind, will die Bundesregierung umfangreiche Maßnahmen zur Flüchtlingspolitik vereinbaren.
Schon jetzt sind die Folgen der zunehmenden Abschottung der europäischen Staaten für die Flüchtlinge katastrophal: Aktuell sitzen 8.000 Menschen unter fürchterlichen hygienischen Bedingungen im verschlammten und von Regen aufgeweichten Grenzgebiet zwischen Mazedonien und Serbien fest. An diversen Grenzen der Balkanroute fällt die Temperatur auch tagsüber langsam unter Null Grad. Die Flüchtlinge dort verbrennen in ihrer Verzweiflung Schuhe und Kleidung, um sich zu wärmen.
Das Programm für eine revolutionäre Solidarität mit den Flüchtlingen lautet:
Kampf gegen die reaktionäre Asylgesetzgebung, für ein uneingeschränktes Asylrecht auf antifaschistischer Grundlage! Notwendig ist die revolutionäre Überwindung der Fluchtursache "Imperialismus". Dieser Kampf kann nur international organisiert erfolgreich sein. Deshalb arbeitet die revolutionäre Weltorganisation ICOR, in der die MLPD Mitglied ist, für den Wiederaufbau von Kobanê und unterstützt den Kampf für Freiheit und Demokratie im Nahen Osten, insbesondere des kurdischen Volks. Und in Deutschland entsteht in der Ferienanlage "Im Waldgrund Truckenthal" gemeinsam mit kurdischen Flüchtlingen für ca. 300 Menschen ein "Haus der Solidarität".