International
Erdogan-Sicherheitsleute wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Amtsanmaßung verurteilt
12.11.15 - Nicht nur in der Türkei, sondern auch in Deutschland gehen Anhänger von Erdogans AKP mit teilweise brutalen und faschistoiden Methoden gegen fortschrittliche, linke Kritiker vor. rf-news machte am 19. September auf einen Prozess gegen AKP-Sicherheitsleute aufmerksam, die eine Demonstrantin während einer Wahlveranstaltung mit Erdogan in Köln misshandelt hatten ("Erdogan-Sicherheitsleute wegen Vorwurf der Misshandlung einer mutigen Demonstrantin vor Gericht")
Özgül Z. aus Heidelberg hatte sich am 24. Mai letzten Jahres entschlossen, nicht wie ursprünglich geplant, auf eine Gegendemonstration zu gehen, sondern direkt zu Erdogans Wahlveranstaltung. Es gelang ihr, hineinzukommen und dort mit einem Plakat gegen die Verantwortung der AKP-Regierung für die Ermordung des 15-jährigen Berkin Elvan zu protestieren. Dieser legale Protest reichte Erdogans Sicherheitsapparat aus, die mutige Frau in ein Nebenzimmer abzuführen, sie einzuschüchtern, zu entblößen und ihr 30 Minuten lang gemeinschaftlich Gewalt anzutun.
Am 23. September wurden zwei der daran beteiligten Sicherheitskräfte, die in Deutschland leben, wegen Amtsanmaßung, Freiheitsberaubung, gemeinschaftlicher Körperverletzung und Nötigung verurteilt. Zu Beginn des Prozesses marschierten sie noch selbstsicher auf. Ihre Anwälte hatten ca. zehn Zeugen benannt, die sie entlasten sollten. Vier davon waren aus unterschiedlichen Gründen schon gar nicht erschienen. Die anderen verstrickten sich genauso wie die Angeklagten angesichts der detaillierten Vorwürfe von Özgül Z. und Nachfragen ihres Anwalts in immer mehr Widersprüche.
Nach dem Hinweis des Staatsanwalts auf eine letzte Chance für einen strafmildernden Ausgang im Falle eines sofortigen und umfassenden Geständnisses lenkten die Angeklagten und ihre Anwälte nach langer Beratung kleinlaut ein und legten ein Geständnis ab. Sie gaben auch zu, unter "Druck und Stress" gehandelt zu haben, wurden von oben also entsprechend unter Druck gesetzt. Immerhin gaben die Angeklagten zu, dass mindestens 140 Polizeibeamte und Personenschützer von Erdogan aus der Türkei eingeflogen worden waren – alle nicht greifbar für die deutschen Gerichte.
Auch wenn das Urteil mit 80 Tagessätzen á 10 Euro bzw. 90 Tagessätzen à 30 Euro recht milde ausfiel, war es ein wichtiger Erfolg. Es zeigt, die Hartnäckigkeit von Ozgül Z. und die Solidarität ihrer Unterstützer haben sich gelohnt.