Umwelt
Fünf Jahre Fukushima mahnen: aktiv sein für die weltweite Stilllegung aller Atomanlagen
11.03.16 - Heute jährt sich die Nuklearkatastrophe von Fukushima zum fünften Mal. Ein schweres Erdbeben mit einer Stärke von 9,0 auf der Richterskala verursachte am 11. März 2011 an der Küste Japans große Schäden am Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. Es kam zu einem vollständigen Stromausfall. Die Kühlung der Reaktoren und Brennstäbe fiel dadurch aus. In drei der sechs Reaktoren war danach eine unkontrollierte Kernschmelze nicht mehr zu verhindern. Der anschließende Tsunami, der die Anlage überflutete, verschlimmerte die Situation noch. Der Super-GAU dauert bis heute an.
Abgesehen von Jahrestagen wie dem heutigen ist der GAU von Fukushima in den letzten Jahren weitgehend aus dem Fokus der bürgerlichen Massenmedien verschwunden. Die Folgen sind jedoch dramatisch. "Mit Stand 2015 wird die Zahl der Toten durch die Katastrophe auf bis zu 10.000 geschätzt."¹ Die Zahl der durch die atomare Verstrahlung bedingten Schilddrüsenkrebsfälle nimmt besonders bei Kindern beständig zu. Schon jetzt sind genetische Veränderungen bei Vögeln, Insekten und Pflanzen in der Region um Fukushima festzustellen. Die Strahlenbelastung beträgt dort im Durchschnitt über 20 Mikrosievert (mSv) pro Jahr.
Anti-AKW-Aktivist Kazuko Kobayashi aus Tokio deckt in seinem Schreiben zum 5. Fukushima-Jahrestag auf, dass das atomare Desaster in der Anlage weiter unkontrolliert abläuft, Versuche mit ferngesteuerten Robotern gescheitert sind und bei extremer Strahlung keine Menschen in die Anlage können. Es wird inzwischen mit 120 Jahren gerechnet, die es noch dauern wird, die Anlage vollständig unter Kontrolle zu bringen, die Zerstörungen zu beseitigen und die Verstrahlung einzudämmen.²
Angesichts dessen lässt die japanische Anti-AKW-Bewegung nicht nach, sich für die Stilllegung aller Atomkraftwerke und gegen das Wiederanfahren stillgelegter AKW einzusetzen. Wöchentlich finden immer noch Mahnwachen und andere Aktionen statt. Zum Jahrestag der Katastrophe waren landesweit Kundgebungen und Demonstrationen geplant. Unter dem Druck der Massen musste das Bezirksgericht von Otsu anordnen, dass der im Januar wieder angefahrene Reaktor Nr. 3 des AKW Takahama wieder abgeschaltet werden muss und der Reaktor Nr. 4 in Kansai nicht angefahren werden darf. Grund ist der mangelnde Schutz vor Tsunamis. Das ist ein großer Erfolg für die japanische Anti-AKW-Bewegung.³
Auch in Deutschland sind immer noch acht Atomkraftwerke als tickende Zeitbombe am Netz. Eine besondere Bedrohung geht derzeit auch von teilweise völlig maroden Altmeilern in Belgien und Frankreich aus, wogegen sich zunehmend grenzüberschreitender Widerstand regt. Ungerührt von der Katastrophe sind über 500 weitere AKW geplant oder schon in Bau, hauptsächlich von russischen und chinesischen Firmen. Aber auch deutsche Großkonzerne mischen beim Export von AKW-Materialien genauso mit wie beim Aufbau und Betrieb von Atomkraftwerken außerhalb Deutschlands. Sie werden dabei von der Bundesregierung unterstützt und subventioniert. Weder aus Macht- noch aus Profitgründen will das internationale Finanzkapital auf die Atomkraft verzichten.
Beim Pariser Umweltgipfel beschlossen die versammelten Regierungsvertreter in der Abschlusserklärung allen Ernstes, unter anderem mit Hilfe der "nichtfossilen" Atomtechnologie die "Energiewende" erzielen zu wollen. Damit wird die Reduzierung der klimaschädlichen Treibhausgase noch zum "Argument" für die Fortführung dieser menschheitsbedrohenden Technologie, statt sowohl die Atomkraftwerke als auch die Kohle- und Gaskraftwerke stillzulegen.
Fukushima mahnt, den Kampf zur weltweiten Stilllegung aller Atomkraftwerke entschlossen weiterzuführen. Die Erfahrungen seitdem zeigen, dass die Herrschenden nicht freiwillig oder aus "Einsicht" auf diese Technologie verzichten werden. Nur im aktiven Massenwiderstand - weltweit koordiniert - können sie dazu gezwungen werden.
Auch in Deutschland finden anlässlich des Jahrestags zahlreiche Mahnwachen und Aktionen statt. Auch die kommenden Montagsdemos werden ihn zu einem Hauptthema machen. Organisiert von "ausgestrahlt" findet vom 4. bis 13. März eine Aktionswoche unter dem Motto "Fukushima mahnt" statt. Auf der Webseite der "Offenen Akademie" findet sich ein aktueller Artikel zur fachlichen Bewertung der Lage in Fukushima. Er kann hier gelesen werden!
Mehr dazu auch im Buch "Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?"
¹) "Environment International" 85/2015
²) Aussage Kazuko Kobayashi am 9. März 20160310
³) „rf-news, 10. März 2016