Jugend
Zur Arbeitszeitkampagne der IG Metall
18.03.16 - Selbstbewusst zogen am Samstag Zwickauer VW-Werker mit MetallerInnen von BMW, Porsche und Zulieferbetrieben zum Tarifauftakt im bunten Demozug mitten durch Leipzig. „5 Prozent - und keine Kompromisse! Schließlich arbeiten wir im Osten immer noch drei Stunden umsonst!“ - das prägte die Stimmung der rund 1.000 Teilnehmer. Mit Spannung erwartet wird, wie die vom 23. IGM-Gewerkschaftstag beschlossene Arbeitszeitkampagne die überfällige Durchsetzung der 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland voranbringen wird. Rückblick: Es war der Kommunistische Arbeiterbund (KABD), Vorläuferorganisation der MLPD, der die Forderung nach der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich zum 1.Mai 1974 erstmals aufstellte. Nach intensiver gewerkschaftlicher und innergewerkschaftlicher Auseinandersetzung wurde die Forderung von der IG Metall aufgriffen und es wurden wichtige Streiks dazu organisiert. So unterzeichneten am 4. Mai 1990 die Metall-Kapitalisten in Deutschland nach mehr als sechsjähriger Auseinandersetzung mit der IG Metall einen Tarifvertrag, der die 35-Stunden-Woche einführte.
Heute brauchen wir die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich in Ost und West. Die Arbeit muss auf mehr Schultern verteilt werden, statt dass die einen überausgebeutet sind und die anderen Kollegen, vor allem Jugendliche, auf der Straße stehen. Zu begrüßen ist daher, dass sich die IG Metall der Arbeitszeitfrage annimmt: Im Juni soll die Kampagne starten und bis mindestens Oktober 2017 laufen. Ausgerechnet die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung sucht man in der vorläufigen Planung der IGM-Kampagne bisher jedoch vergeblich. Stattdessen sind im Powerpoint-Vortrag der IGM-Spitze vom 18. Januar diesen Jahres Ziele genannt, wie „Arbeitszeitkonten-Gestaltung“, „Lebensphasenorientierte Arbeitszeiten“ oder „kein Verfall der Arbeitszeit“. Auch wenn dabei teils wichtige Einzelforderungen enthalten sind, so läuft diese Stoßrichtung doch darauf hinaus, die Flexibilisierungswünsche der Unternehmerverbände "mitgestalten" zu wollen. Das war nicht die Intension der zahlreichen Anträge auf dem IGM-Gewerkschaftstag. Hier stand die Frage der Arbeitszeitverkürzung im Zentrum und zwar auf Kosten der Profite.
Damit werden Arbeitsplätze erhalten und neue geschafffen. Wo bitte sollen die Kollegen, die derzeit bei VW, Bombardier oder Siemens von Arbeitsplatzvernichtung bedroht sind, arbeiten? Was soll aus unserer Jugend werden? In der Metall- und Elektroindustrie stieg die Produktivität in den letzten zehn Jahre über 40 Prozent! Die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ist eine richtige Antwort auf Leiharbeit, Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und Überausbeutung der Arbeitskraft. Immer mehr Menschen arbeiten regelmäßig über 40 Stunden die Woche, zunehmend in chaotischen Schichtmodellen und an Wochenenden. Allein 2015 wurden in Deutschland 1.926 Millionen Überstunden registriert!
Die unerträgliche Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist auch maßgebliches Ergebnis der Klassenzusammenarbeitspolitik, die Standort- und Unternehmensinteressen über Klasseninteressen setzt. Die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich gehört auf die Tagesordnung – nutzen wir die Arbeitszeitkampagne der IGM, um diese zu verankern und den Kampf darum vorzubereiten.