Politik
Landtagswahlen im Zeichen der gesellschaftlichen Polarisierung
14.03.16 - Die drei Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag standen ganz im Zeichen der gesellschaftlichen Polarisierung. Eine steigende Wahlbeteiligung ist Ausdruck der Politisierung der Massen. In Baden-Württemberg wurden die Grünen mit Winfried Kretschmann stärkste Kraft (30,3 Prozent), während die CDU nach mehr als sechs Jahrzehnten ihre Führungsposition im Land verlor – sie verlor 12 Prozentpunkte und hat damit 27 Prozent. Die SPD erlitt mit 12,7 Prozent ein Debakel. Die AfD wurde mit 15,1 Prozent zur drittstärksten Kraft und konnte in Mannheim und Pforzheim jeweils ein Direktmandat erringen. Die Linkspartei erzielte landesweit 2,9 Prozent (+0,1 Prozent).
In Rheinland-Pfalz feierte die SPD mit Malu Dreyer ihren Zuwachs von 0,5 Prozent auf 36,2 Prozent als Riesenerfolg, während die CDU mit 31,2 Prozent der Stimmen 3,4 Prozentpunkte verliert. Die Grünen wurden mit 5,3 Prozent zerrieben mit Verlust von 10,1 Prozent, während die FDP mit 6,2 Prozent wieder in den Landtag kommt. Die AfD erhielt 12,6 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung stieg von 62 auf 70,4 Prozent.
In Sachsen-Anhalt erhielt die CDU bei einer Wahlbeteiligung von knapp 62 Prozent 29,8 Prozent der Stimmen und verlor damit 2,7 Prozentpunkte, die SPD verlor 10 Prozentpunkte und stürzte auf 10,6 Prozent ab. Sie ist jetzt nur noch viert stärkste Fraktion im Landtag. Die zweit meisten Stimmen im Land erhielt die AfD mit 24,4 Prozent. Das drittstärkste Ergebnis erzielt die Linkspartei mit 16,2 Prozent (-7,5) vor den Grünen mit 5,3 Prozent (-1,9).
In den bürgerlichen Massenmedien wird jetzt über einen allgemeinen Rechtsruck in der Bevölkerung gejammert. Dabei trugen viele Medien gerade dazu bei, die AfD salonfähig zu machen. In zahlreichen Talkshows und sonstigen Sendungen wurde diese rassistische, ultrareaktionäre und faschistoide Partei als "Protestpartei" oder Alternative zu den Berliner Parteien inszeniert. Wo konnte man lesen oder hören, dass die AfD die Arbeitslosenversicherung ebenso abschaffen will wie den Mindestlohn? Das war nicht ohne Erfolg. Nach "Infratest Dimap"-Umfrage gaben 64 Prozent bei der Frage nach ihrer Wahlentscheidung an, ihre Stimme aus Enttäuschung über die anderen Parteien der AfD gegeben zu haben.
Die Hauptverantwortung für den AfD-Zuwachs trägt allerdings die Bundesregierung. Sie hat mit ihrem Rechtsruck, ihrer Hysterie über angeblich zu viele Flüchtlinge und Abbau von Asyl und anderen demokratischen Rechten den Boden bereitet. Sie hat so dafür gesorgt, dass die AfD mit ihren reaktionären Forderungen in den Augen vieler Menschen überhaupt erst als wählbar erschien.
Was die Wahlen zum Ausdruck bringen ist gleichzeitig eine weitere Erodierung des bürgerlichen Parteienlagers. Alle drei Landesregierungen können nicht mehr in ihren jeweiligen Koalitionen weitermachen, da die bisherigen Regierungen keine Mehrheit mehr haben.
Was durch die einseitige Darstellung eines allgemeinen Rechtsruck völlig ausgeblendet wird, ist der ebenfalls vorhandene Linkstrend. Er erschien bei diesen Wahlen mangels Alternative auch in der Wahl von Kretschmann oder Dreyer. Viele sahen in ihrer Wahl einen Protest gegen den Kurs der reaktionären Scharfmacher der CSU/CDU und Votum für eine humane Flüchtlingspolitik. Sie ist allerdings weder von Kretschmann noch von Dreyer oder gar Merkel zu erwarten - alle drei stimmten für das reaktionäre Asylpaket II. Wo es wirklich klare fortschrittliche linke Positionen gab, konnten diese auch stark punkten, wie bei den Kommunalwahlen in Hessen vor zwei Wochen.
Die Linkspartei konnte nicht profitieren und hat sogar Stimmanteile eingebüßt, weil sie keine Alternative zu Merkel bot. Zum Teil bis hin zur Terminologie von der "Flüchtlingsbegrenzung" passte sie sich an. In Sachsen-Anhalt sind die Menschen tief enttäuscht von der Linkspartei. An der Regierung "machte sie die gleiche Politik wie andere Parteien" gaben 45 Prozent der Befragten an.
Die Landtagswahlen unterstreichen, dass eine in den Augen der Massen sichtbare revolutionäre, fortschrittliche und kämpferische Alternative gestärkt werden muss. In einer gemeinsamen Erklärung vor den Wahlen gaben acht Organisationen dazu ein erstes Signal. Sie wollen daran arbeiten eine solche Alternative weiter aufzubauen. Dazu gehört auch der reaktionären Richtung entschlossen entgegenzutreten.