International
Mehr als 10.000 Menschen auf den Ostermärschen 2016
28.03.16 - Bis Sonntagabend hatten sich bundesweit schon weit mehr als 10.000 Menschen an den diesjährigen Ostermärschen beteiligt - mehr als letztes Jahr. Das Netzwerk Friedenskooperative geht in Deutschland von rund 80 Demonstrationen, Märschen und Mahnwachen aus. Bislang fanden in Berlin, Stuttgart und München die größten Demonstrationen statt. In Berlin waren es 2.000 Demonstranten, 500 mehr als letztes Jahr. In Stuttgart waren es 1.500, in München etwa 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
In Düsseldorf verdoppelte sich die Teilnehmerzahl im Vergleich zu 2015 auf 750. In verschiedenen Städten fanden nach jahrelanger Pause wieder Ostermärsche statt, wie in Kaiserslautern, wo der Marsch erstmals mitten durch die Stadt ging. Im bayerischen Miesbach gab es erstmals seit 20 Jahren wieder einen Ostermarsch. Die höheren Teilnehmerzahlen und neuen Initiativen zu diesen traditionellen Friedensmärschen sind kein Zufall. Eine große Mehrheit der Bundesbürger lehnt die Auslandseinsätze der Bundeswehr und besonders deren Beteiligung am Syrien-Krieg ab.
Die wachsenden Teilnehmerzahlen sind sehr erfreulich. Allerdings waren die meisten Aufrufe zu den Ostermärschen von der kleinbürgerlich-pazifistischen Auffassung geprägt, man müsse nur genug Druck machen, dann könne der Weltfrieden unter der Obhut der von den Imperialisten beherrschten Institutionen gewährleistet werden (siehe "rf-news"). Dazu schreibt ein Korrespondent aus Stuttgart:
"Viele Rednerinnen und Redner prangerten den Rekordexport deutscher Waffenproduktion gerade an die reaktionärsten Regimes wie Saudi-Arabien an. Die gesellschaftlichen Ursachen von imperialistischen Kriegen spielten dabei aber keine Rolle. Schon der Aufruf hatte die Illusion verbreitet: 'Nur eine aktive Friedenspolitik gepaart mit fairem Welthandel kann Kriege und Elend vermeiden!' So wichtig es ist, den Kampf gegen konkrete Kriege zu führen – der Imperialismus lässt sich nicht zähmen! Die MLPD Baden-Württemberg hatte aufgrund dieser Illusionen in den Imperialismus den Aufruf nicht unterschrieben. Sie unterstützte den Ostermarsch wie jedes Jahr aber durch die eigene Mobilisierung und Teilnahme. Die Stimmung in den Gesprächen war aufgeschlossen und – bei allen Meinungsverschiedenheiten – von gegenseitigem Respekt geprägt.
Die MLPD und ihr Jugendverband REBELL trugen bei ihrem Auftreten auf den Ostermärschen mit ihren Parolen, aber auch in vielen intensiven Gesprächen, zur Überwindung vorhandener Illusionen bei. Sie setzten dem bürgerlichen Pazifismus die Abschaffung der ungerechten imperialistischen Kriege durch die gerechte internationale sozialistische Revolution entgegen und vertraten mitreißend die Perspektive der vereinigten sozialistischen Staaten der Welt.
In die Zielscheibe der Kritik geraten - wie geschrieben - die Waffenexporte an reaktionäre Regimes und Regierungen wie in der Türkei, Katar oder Saudi-Arabien. Die Bundesregierung wurde nicht nur deshalb scharf kritisiert. Auf dem Ostermarsch Fulda wurden die "Aussagen der Bundesregierung mit Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze in Sachen Flüchtlingspolitik als 'reine Luftnummern'" gebrandmarkt. Allgemein wurde die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und der EU scharf kritisiert. An vielen Orten nahmen dieses Jahr auch Flüchtlinge an den Aktionen teil.
Thematisch und hinsichtlich der teilnehmenden Organisationen nahm die Bandbreite zu. "Schon am Treffpunkt fiel die Vielfalt an Teilnehmern und Fahnen auf", wird weiter aus Stuttgart berichtet. "Neben Transparenten mit der offiziellen Ostermarschlosung 'Fluchtursache Krieg bekämpfen! Kriegseinsätze sofort beenden!' gab es unter anderem Transparente zur Solidarität mit Palästina und Kurdistan oder der Aufschrift 'Rojava verteidigen – Für eine befreite Gesellschaft'. Es waren auch wieder mehr Jugendliche dabei."
Zwischen Hamburg und Bremen richtete sich in der kleinen Stadt Rotenburg an der Wümme der Ostermarsch besonders gegen die in dieser Gegend seit Jahrzehnten betriebene Gasförderung und das geplante Gas-Fracking. Auch hier stehen Bundesregierung und die niedersächsische Landesregierung besonders im Visier, da die rot-grüne Landesregierung sich für ein "Fracking-Erlaubnis-Gesetz" stark macht. "Über 300 Anwohner aller Altersgruppen, viele Jugendliche und viele Eltern mit ihren Kindern folgten dem Aufruf", so ein Korrespondent. "Denn die Luft und das Grundwasser werden in der Region derart verseucht, dass viele krank geworden sind. Initiativen, zusammen mit Ärzten haben herausgefunden, dass die Krebsrate in dem Dorf Bothel 100 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegt, in Sottrum 40 Prozent und in Rotenburg selber um 25 Prozent."
In Stuttgart und Düsseldorf wechselten viele Broschüren der MLPD zur Flüchtlingspolitik gegen Spende ihren Besitzer, ebenso fand das aktuelle „Rote Fahne“-Magazin mit dem Schwerpunkt "Bundeswehr in immer mehr Ländern?" regen Zuspruch. Zum Beispiel in München, wo das Magazin mit großem Interesse gekauft und auch der Flyer zum Rebellischen Musikfestival von den anwesenden Jugendlichen genommen, bzw. mit Freude zur Kenntnis genommen wurden. In Stuttgart versuchten SPD-Ordner das Auftreten der MLPD zu verhindern, gegen die Haltung der Mehrheit der Demonstranten. Denn insgesamt waren der offene Meinungsaustausch und der gegenseitige Respekt trotz unterschiedlicher Auffassungen sowie das Interesse an revolutionären Positionen prägend.
Weitere Ostermarsch-Berichte folgen gegebenfalls in den nächsten Tagen auf "rf-news"!