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London: Massenproteste gegen Abwälzung der Krisenlasten

London: Massenproteste gegen Abwälzung der Krisenlasten

17.04.16 - In London haben gestern Zehntausende aus vielen Regionen Großbritanniens gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die breiten Massen demonstriert. An der Abschlusskundgebung nahmen 150.000 Menschen teil. Der kämpferische Demonstrationszug durch die Londoner Innenstadt von der Universität zum Trafalgar Square forderte "Health, Homes, Jobs, Education" (Gesundheit, Wohnungen, Arbeitsplätze, Bildung). Mit lauten Gesängen wandten sich die Demonstranten gegen die Kürzungen im öffentlichen Sektor.

Die Cameron-Regierung hatte erst kürzlich neuerliche schwere Einschnitte in das bereits marode Gesundheits- und Bildungswesen angekündigt, darunter die Streichung von Sozialleistungen für kranke und behinderte Menschen. Sie hat diese dann aufgrund massiver Kritik und vorangegangener Protestdemonstrationen zunächst "entschärft". Bereits im letzten Jahr und im März 2016 hatten in London, Manchester und anderen Städten zahlreiche Menschen für gegen diese Pläne und für ihre Forderungen demonstriert.

Vor allem Pläne zur Privatisierung des britischen Gesundheitssystem NHS (National Health Service) stoßen auf breite Empörung. Die Cameron-Regierung spielt mit dem Gedanken, den NHS an amerikanische Investoren zu verkaufen. Ein Jugendlicher aus Hampshire sagte: "Ich bin hier, weil ich David Cameron hasse. Es geht um die Kürzungen, die Steuerhinterziehungen und dass sie den NHS privatisieren wollen. Dann haben wir gar keine Gesundheitsversorgung mehr. Sie ruinieren die Arbeitsplätze der Menschen und machen das Leben für uns unerträglich."

Während die Massen unter der Last der Kürzungspolitik leiden, bereicherte sich der Premierminister David Cameron an den Steuerhinterziehungsgeschäften seiner Familie. Dies ist durch die "Panama Papers" aufgedeckt worden. Cameron und seine Frau hielten Anteile an einer Offshore-Firma, die Camerons Vater gegründet hatte. Mit der Veröffentlichung seiner jüngsten Steuererklärung suchte Cameron den Konflikt zu entschärfen, die Empörung der Bevölkerung ist jedoch ungebrochen. Auf Transparenten und Schildern forderten Demonstranten den Rücktritt des Premierministers. "Weg mit Dogdy Dave" stand auf Plakaten. "Dogdy" bedeutet "zwielichtig". Als ein Labour-Abgeordneter vor einigen Tagen David Cameron so tituliert hatte, flog er aus dem Parlamentssaal.

Aufgerufen hatte zu der Demonstration eine Organisation namens "People's Assembly" ("Volksversammlung"), ein überparteilicher Zusammenschluss verschiedener Initiativen, Gewerkschaften, Rentner- und Studentenorganisationen und Einzelpersonen. Sie kämpft gegen die Kürzungspolitik der Cameron-Regierung im Sozial- und Gesundheitsbereich, gegen Privatisierung, TTIP, Wohnungsräumungen, Massenentlassungen, Steueroasen, gegen die britische Atompolitik und gegen den Einsatz britischer Truppen im Ausland; für Mindestlohn, 35-Stunden-Woche, Kinderbetreuung und Sozialwohnungen. Verbunden sind diese Anliegen in der "Charta" der People’s Assembly zugleich mit reformistischen Illusionen wie "grüne Produktion" und ein gerechtes Bankenwesen.

Zwei Monate vor dem Referendum über den Verbleib in der EU oder dem "Brexit" verstärkt sich der Druck auf die krisengeschüttelte Cameron-Regierung weiter. Bei den Massenprotesten am Wochenende spielte der Brexit jedoch keine explizite Rolle. Offenbar ist die Polarisierung um diese Frage eher von den Medien inszeniert, während die Massen vor allem gegen die Abwälzung der Krisenlasten demonstrieren.

Bürgerliche Oppositionspolitiker von den britischen Grünen und der Labour-Party waren mit von der Partie und schürten Illusionen im Falle eines Regierungswechsels. John McDonnell von der Labour-Party versprach ein Ende der Kürzungs- und Privatisierungspolitik, wenn Cameron nicht mehr die Regierungsgeschäfte führt.

Eine andere bürgerliche Regierung steht jedoch wie Cameron im Dienste des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals und wird keine wesentlich andere Politik machen. Der Aufbau einer starken marxistisch-leninistischen Partei in Großbritannien ist nötig, die den Kämpfen wie diesen sich entwicklenden Massenprotesten eine Perspektive geben.