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Frankreich: Fünf Monate Kampf gegen Arbeitsgesetz - Demonstration in Paris dauert zur Stunde noch an
05.07.16 - Am heutigen Dienstag findet in Frankreich der 12. nationale Aktionstag gegen das geplante Arbeitsgesetz der Regierung statt. Es ist unter der Bevölkerung, vor allem den Arbeitern und Angestellten, tief verhasst. Seine Logik ist: länger arbeiten für weniger Geld, um schneller gefeuert werden zu können (rf-news berichtete mehrfach, darunter am 13. Juni 2016 "Der Kampf der französischen Werktätigen ist auch unser Kampf").
Heute begann die letzte Runde der für mehrere Tage angesetzten Parlamentsberatungen über das Gesetz. Eine Freundin aus Paris berichtet aktuell, dass Präsident Francois Hollande das Gesetz per Notparagraph durchpeitschen lässt. Dies hatte er bereits vor einigen Wochen angedroht und helle Empörung hervorgerufen. Hunderttausende sind weiterhin aktiv bei Streiks und Demonstrationen. Nach wie vor sind 70 Prozent der Bevölkerung gegen das Gesetz und 60 Prozent unterstützen die Kämpfe. Täglich gibt es unzählige Widerstandsaktionen.
Die Zahl der Streikenden und Demonstanten geht zwar zurück – wegen Ferienzeit, finanzieller Einbußen durch die Streiks, wegen der offenen Unterdrückung der Kämpfe. Doch den ganzen Sommer über wird es Aktionen geben, vor allem im Rahmen der 'Tour der France', während der vielen Sommerfestivals und an der Autobahn, wo an blockierten Mautstellen statt der Autobahngebühr Streikgelder an Aktivisten gezahlt werden.
Ende Juni setzte die kämpferische Basis der sieben Gewerkschaften zwei Aktionstage gegen das angedrohte Demonstrationsverbot durch – die Regierung musste nachgeben. Von Polizeispalier, Einkesselungen und Körperdurchsuchungen ließen sich die Demonstranten nicht abhalten. "Wir leben in einer Diktatur", ist denn auch die Meinung vieler Menschen, weit über die Aktivisten hinaus.
Entschlossenheit und Zorn in der Protestbewegung sind groß. Die aktuellen Kämpfe drücken den Wunsch nach einer anderen Gesellschaft und nach echter Demokratie aus. Vor einigen Tagen fand eine interessante Diskussion statt, organisiert von der Bewegung "Nuit debout" (= "Nachts Aufstehen") in Paris. Thema war: "Die neuen Arbeitsgesetze in Europa". Sie haben verschiedene Namen: "El Khomri-Gesetz" in Frankreich, "Hartz-Gesetz" in Deutschland, "Job Act" in Italien, "Gesetz Peters" in Belgien. Doch alle sind Varianten der gleichen Logik: Verschärfung der Ausbeutung, Verdichtung der Arbeit, Abbau der Rechte von Arbeitern und Angestellten, Spaltung zwischen Arbeitern und Arbeitslosen usw. Mit der "Strategie Europa 2020" gibt die EU diese Richtung vor und diktiert sie den Ländern. Damit wappnet sich das allein herrschende internationale Finanzkapital der europäischen Länder für den verschärften Konkurrenzkampf in der international organisierten Produktion. Die Parallelen in den verschiedenen Ländern waren frappierend und die jeweiligen Berichte der Gewerkschafter über den aufopfernden Widerstand bewegend. Wir waren uns einig, dass diese Kämpfe sich länderübergreifend vereinen und koordinieren müssen, um eine überlegene Kraft zu sein. Aktivisten der CGT haben eine lebendige Videobotschaft in acht verschiedenen Sprachen aufgenommen, um zum gemeinsamen Kampf aufzurufen.
Koordinierung, Kooperation und Überzeugungskraft der Bewegung sind umso stärker, wenn sie verbunden sind mit einer revolutionären Perspektive und Zielklarheit, wie der Kapitalismus überwunden werden kann. Für eine politisch klare, eine internationalistische revolutionäre Bewegung stehen die Marxisten-Leninisten und dafür stand auch die ICOR-Delegation am 14. Juni 2016 in Paris.
Eine revolutionäre marxistisch-leninistischen Partei in Frankreich aufzubauen, ist der allein Erfolg versprechende Weg, auch wenn er langwierig ist. Das wird heute von der anarchosyndikalistischen Richtung in den Protesten aber offen abgelehnt. Aus antikommunistischen Motiven heraus sich allein auf die Gewerkschaften und die Kämpfe zu beschränken, um über "Initiativen von unten" eine gesellschaftliche Änderung herbei führen zu können, ist eine Illusion.
Die ICOR-Solidaritätserklärung mit den Kämpfen in Frankreich stieß in der Pariser Versammlung auf einiges Interesse und so mancher hat zum ersten Mal von der international organisierten revolutionären Bewegung gehört und der Möglichkeit, sich ihr als "Freund der ICOR" anzuschließen.