Politik
Gabriels Show geplatzt - Edeka-Tengelmann-Deal vorerst untersagt
19.7.16 - Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erteilte Erlaubnis, dass Edeka die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann übernehmen könne, am 12. Juli vorläufig gestoppt. Der Erste Kartellsenat bewertete die Ausnahmegenehmigung als rechtswidrig. Gabriel hätte die Entscheidung wegen "fehlender Neutralität" nicht treffen dürfen. Wie aus einer jetzt bekannt gewordenen Notiz hervor geht, hatte Gabriel mit dem Edeka-Vorstand Geheimgespräche geführt und gegenüber dem Edeka-Konkurrenten Rewe falsche Angaben gemacht. Die „Ministererlaubnis“ platzte ausgerechnet in dem Moment, als die SPD sich medienwirksam ein neues Image als „linke Alternative für die kleinen Leute“ geben wollte. In den Umfragen liegt die SPD abgeschlagen bei etwas über 20 Prozent.
Ende März 2015 hatte das Bundeskartellamt den Verkauf von Kaiser’s Tengelmann an Edeka untersagt. Seit 2014 laufen bereits die Verhandlungen. In Deutschland kann der Wirtschaftsminister trotzdem zustimmen, wenn die „gesamtwirtschaftlichen Vorteile überwiegen“. Begründet hatte Gabriel seine Zusage demagogisch mit der "Rettung von Arbeitsplätzen". In Wirklichkeit geht es ihm darum, den Konzentrations- und Zentralisationsprozess im Supermarkt- und Einzelhandelssektor in Deutschland zu fördern. Diesen Markt teilen sich inzwischen die Unternehmen Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland), Aldi (Nord und Süd) und Metro.
Als Bundeswirtschaftsminister fungiert er dabei als Dienstleister zur Förderung der Konkurrenzfähigkeit - in diesem Fall im Interesse von Edeka. Anders können heute die für die Monopole ökonomisch notwendigen Maximalprofite nicht mehr erzielt werden. Der Marktanteil von Edeka betrug 2015 bereits mehr als 27 Prozent gegenüber Aldi (16,2 Prozent) und Rewe (15,0 Prozent).
Um der Befürchtung entgegenzutreten, die Übernahme durch Edeka könnte massive Verschlechterungen für die Beschäftigten bringen, machte er in der „Ministerentscheidung“ den zeitweisen Fortbestand existierender Tarifverträge und Mitbestimmungsstrukturen zur wesentlichen Voraussetzung für die Fusion. Aber eben nur für Tengelmann. Edeka ist davon von vornherein ausgenommen, Arbeitsplätze dort können also abgebaut werden.
Kaum hatte Gabriel im Mai die "Ministererlaubnis" für die Übernahme von Tengelmann durch Edeka erteilt, war von der vorgeblichen "Jobgarantie" keine Rede mehr. Laut Medienberichten sollten in Nordrhein-Westfalen mehr als ein Drittel der Arbeitsplätze wegfallen und rund die Hälfte der 129 Supermärkte in Netto-Discounter mit weniger Personal umgewandelt werden.
An diesem Fall zeigt sich einmal mehr, dass sämtliche Verträge und Vereinbarungen zur Arbeitsplatz- oder Standortsicherung mit den Kapitalisten und Regierungsvertretern, die immer wieder mit Zugeständnissen erkauft werden, das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben sind. Drei Jahre lang haben die Beschäftigten bei Tengelmann im Rahmen eines „Zukunftssicherungstarifvertrages“ bereits auf die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes verzichtet. Im übrigen wissen die Beschäftigten, dass es 1000 Tricks gibt solche Vereinbarungen zu umgehen, Beschäftigte unter Druck zu setzen, "freiwillig" zu verzichten usw.
Statt auf Gerichtsentscheidungen und „vernünftige“ Lösungen zu hoffen, kann der Weg der Beschäftigten nur sein, um ihre Arbeitsplätze zu kämpfen und sich zu organisieren - konzern- und branchenweit. Dazu müssen die Beschäftigten mit allen von Gabriel, aber auch dem Oberlandesgericht, ausgehenden Illusionen fertig werden, man könne Arbeitsplätze im Kapitalismus durch solche Vereinbarungen sichern.