International
Richtfest zum "Haus der Solidarität" und Waldfest in Truckenthal - optimistisch, kämpferisch und kulturvoll im Zeichen der Verbrüderung
07.08.16 - Dieses Jahr fand das Waldfest auf der Ferienanlage "Im Waldgrund" zusammen mit dem Richtfest für das "Haus der Solidarität" und mit einem Tribunal gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung statt. Über 1.200 Besucherinnen und Besucher nutzten das schöne Wetter und fanden sich auf dem weitläufigen Gelände der Ferienanlage ein. Um 15 Uhr begann gestern das Richtfest.
Stefan Engel, der Vorsitzende der MLPD, begrüßte die Gäste und erklärte, dass es sich um ein Richtfest der besonderen Art handle. Das "Haus der Solidarität" sei nicht davon abhängig, was uns die Herrschenden sagen. Es verkörpert eine proletarische Flüchtlingspolitik und wird deshalb von der MLPD gefördert und vorangetrieben. Die MLPD verteidige das Recht auf Flucht, unterstütze die Menschen aber auch darin, in ihrer Heimat für Freiheit, Demokratie und Sozialismus zu kämpfen. Stefan Engel war sicher, dass der Kampf um das "Haus der Solidarität" genauso erfolgreich sein wird wie das internationalistische Engagement für das Gesundheits- und Sozialzentrum in Kobanê. Aksam, Flüchtling aus Syrien, brachte seine Gefühle so auf den Punkt: "Die ganze Welt hat ihre Tür zugemacht, ihr habt eure Tür weit aufgemacht!"
Nach weiteren Ansprachen (siehe rf-news-Bericht) tauften Khadija von der PYD aus Rojava und Lisa Gärtner vom Jugendverband REBELL das Haus mit einer Flasche Sekt. Es wurde eine Tafel am Haus mit folgendem Text enthüllt: „'Haus der Solidarität'. 2016 von tausenden ehrenamtlichen Helfern und Spendern unter aktiver Mitarbeit des Jugendverbandes REBELL und von Flüchtlingen errichtet. Es steht für fortschrittliche Flüchtlingspolitik, Verbrüderung und internationale Solidarität. Es versteht sich als Teil des Solidaritätspakts der ICOR mit dem kurdischen Befreiungskampf.“
Obwohl gestern schon das Richtfest gefeiert wurde, gibt es bis heute immer noch keine Zusage der thüringischen Landesregierung zur Belegung der Anlage mit Flüchtlingen. Zweifellos bietet sie dafür hervorragende Möglichkeiten. Allerdings ließen es sich über 100 Flüchtlinge - aus Unterkünften in der Nähe und von verschiedenen Orten aus mitgefahren - nicht nehmen, am Fest teilzunehmen. Der ganze Tag und Abend entwickelte sich zu einem großen Fest der Verbrüderung zwischen Einheimischen, Flüchtlingen aus aller Welt und kurdischen Migranten.
Dazu trug auch die von allen Teilnehmenden getragene herzliche und solidarische Atmosphäre bei. An Imbiss-Ständen mit Thüringer Bratwurst und internationalen Spezialitäten konnte man sich zwischendurch stärken. Zahlreiche Info-Stände - auch von Initiativen aus der Region - luden zum Verweilen und zum Erfahrungsaustausch ein.
Das Tribunal gegen die reaktionäre Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und den Boykott des "Hauses der Solidarität" begann um 16 Uhr. Es gab sechs Anklagepunkte: "Der Imperialismus und die Außenpolitik der Bundesregierung und der EU", "Fluchtbedingungen der Flüchtlinge", "Miserable Wohnungslage der Flüchtlinge", "Isolation von der deutschen Bevölkerung und zu wenig Sprachkurse", "Verweigerung demokratischer Rechte und Freiheiten", "Menschenfeindlicher Antikommunismus".
20 Zeugen aus zehn Ländern wurden befragt und gaben tiefgehende Einblicke. So berichtete Anas (elf Jahre, aus Syrien) zum Punkt "Fluchtbedingungen der Flüchtlinge": "Wir mussten wegen dem Krieg aus Syrien fliehen. Meine Eltern sind jetzt in der Türkei. Jetzt habe ich Angst um meine Eltern wegen dem Militärputsch in der Türkei." Hassan (ca. 20 Jahre alt, aus Syrien) prangerte an: "Die Qualität der Sprachkurse ist sehr schlecht. Obwohl ich schon ein Vierteljahr lang Sprachkurse belege, kann ich kaum Deutsch sprechen." Boubar aus Guinea - der das Sommercamp des REBELL mitgemacht hat - stellte fest: "Schwarze werden von der Polizei besonders schikaniert. Auf den Straßen werden ständig unsere Ausweise kontrolliert. Wir werden geschlagen und sie verhaften uns auch oft." Shivan aus Rojava (ca. 18 Jahre alt) erzählte: "Ich habe dort gegen den IS gekämpft. Dann musste ich in die Türkei fliehen und habe dort mit der HDP (Demokratische Partei der Völker, Anm. d. Red.) zusammengearbeitet. Die Polizei drohte, mich zu verhaften. Deshalb bin ich über Bulgarien weiter nach Deutschland geflohen." Der abschließende Urteilsspruch der Zuschauer war einstimmig: Die Bundesregierung ist schuldig!
Der Jugendverband REBELL hatte nicht nur das Tribunal, sondern auch die festlichen Aktivitäten auf seinem Sommercamp kompetent vorbereitet und prägte damit wichtige Seiten des gesamten Tages.
Das Abendprogramm eröffneten um 19.30 Uhr die Kinder der Kinderorganisation ROTFÜCHSE, die am Sommercamp teilgenommen hatten. Eine Vertreterin des REBELL führte zusammen mit Andreas Eifler von der Ferienanlage durch das Programm. Sie baten als erstes nochmals verschiedene Teilnehmer und Gäste auf das Podium. Gabi Gärtner vom Zentralkomitee der MLPD betonte, dass es heute gelungen sei, ein Fest der Verbrüderung und der internationalen Solidarität zu organisieren. Das sei Ergebnis der revolutionären Zuversicht, die auch den Einsatz der Aufbaubrigaden in Kobanê geprägt habe.
Vertreter der Bonner Jugendbewegung und der AKAB (Antikapitalistische Aktion Bonn) zeigten sich begeistert von dem, was hier entsteht, und versicherten eine weitere enge Zusammenarbeit. Kurze Ansprachen gab es auch vom Bundesvorstand des Frauenverbands Courage sowie gemeinsam von Freunden des früheren Wismut-Bergbaus um Suhl und der Geburtstagskasse "Hugo Hauer", die ihren Jahresausflug diesmal hierher unternommen hatten. Sie überreichten der Anlage zur Erinnerung eine Bergmannsbüste. Schon während dem Auftakt entwickelte sich eine Super-Stimmung unter den Zuschauern. Immer wieder hörte man Rufe "Hoch die internationale Solidarität".
Durch die auftretenden Bands wurde die begeisterte Atmosphäre weiter angeheizt. Heinz Ratz trat mit seiner Band Strom & Wasser gemeinsam mit Künstlern auf, die durch Flucht nach Deutschland gelangt waren und ihr Können unter Beweis stellten. Die kurdische Gruppe Koma Sehid Welat stand zuerst mit sechs Kindern, dann mit älteren Sängerinnen und Sängern auf der Tribüne. Spätestens jetzt hielt es das Publikum nicht mehr auf den Sitzen. Die ganze Tanzfläche füllte sich zum kurdischen Gemeinschaftstanz. Auf die Teilnehmenden warteten aber noch weitere tolle Bands: The Apes aus Sonneberg, Gehörwäsche aus Köln und zum Abschluss eines wundervollen Festes Chango Leon ebenfalls aus Köln. Noch lange wurde ausgelassen getanzt und gefeiert.
Noch nicht zu Ende ist das Sommercamp von REBELL und ROTFÜCHSE. Es geht noch eine Woche weiter und freut sich auf kurzentschlossene Besucherinnen und Besucher.