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Feuerpause – aber kein wirklicher Frieden für Syrien

Feuerpause – aber kein wirklicher Frieden für Syrien
Flaggen der Demokratischen Kräfte Syriens bei Manbidsch

13.09.16 - Am Montag Abend begann mit dem Beginn des muslimischen Opferfestes Eid Al-Adha eine zwischen den USA und Russland vereinbarte Feuerpause in Syrien, die zunächst - zumindest teilweise - auch eingehalten wurde. Sie soll für 48 Stunden gelten und dann auf sieben Tage verlängert werden. Für Hunderttausende Menschen bedeutet dies die Möglichkeit der Versorgung mit Lebensmitteln und ärztlichem Beistand. Insbesondere in der völlig zerstörten Millionenstadt Alleppo. Vereinbart wurde auch, die Gespräche in Genf unter dem Dach der Vereinten Nationen wieder aufzunehmen.

Bürgerliche Medien und Politiker verbreiten die trügerische Hoffnung auf "Frieden" für Syrien im Interesse der Masse der Bevölkerung. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht dafür eine "echte, neue Chance". Zweifellos brauchen die Völker Syriens eine sofortige Beendigung der imperialistischen und reaktionären Kriegshandlungen, um ihr Leiden zu beenden. Fünf Jahre Krieg forderten bisher 400.000 Tote und trieben fünf Millionen Menschen in die Flucht. Der Versuch der imperialistischen Befriedung des Konflikts zielt jedoch darauf ab, den Kampf um den vorherrschenden Einfluss in dem Land nur mit anderem Mitteln weiter auf dem Rücken der Massen auszutragen.

Und es reicht auch nicht, wenn sich die kriegführenden Mächte USA und Russland über eine Waffenruhe einig sind. Die Lösung des Syrien-Konflikts scheiterte bisher an den unterschiedlichsten imperialistischen Machtinteressen der verschiedensten Beteiligten, zu denen auch zahlreiche neoimperialistische Länder gehören. Während Russland das reaktionäre Assad-Regime stützt, setzten die USA auf seinen Sturz, unterstützt auch durch die EU und Deutschland. Die neuimperialistischen Länder Türkei, Saudi-Arabien, Katar oder Iran wollen ihre eigene regionale Vormachtstellung im Nahen und Mittleren Osten ausbauen. Sie sind aggressive Kriegstreiber und bedienen sich islamistisch-faschistischer Söldner wie des "Islamischen Staats" und der "Al-Nusra-Front".

Bestandteil der Vereinbarungen zur Feuerpause ist, dass sich die sogenannten "moderaten Kräfte" von der faschistischen Al-Nusra-Front trennen sollen. Fares Al-Bajusch, Kommandant der "Freien Syrischen Armee" (FSA) sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass eine Trennung gar nicht möglich sei, weil sie "an den meisten militärischen Operationen teilnehmen", und etliche ihrer Kampfgruppen hätten sich mit ihr zusammengeschlossen. Auch hat sich die Al-Nusra-Front erst kürzlich umbenannt. Während die USA und Russland den Einfluss des IS und der Al-Nusra-Front zurückdrängen wollen, weil sie ihnen inzwischen selbst in die Quere kommen, arbeiten sie mit anderen faschistischen oder faschistoiden Milizen ungeniert zusammen.

Für eine wirkliche gesellschaftliche Alternative steht der Aufbau demokratischer, selbtverwalteter Strukturen in Rojava im Norden Syriens. Unter dem Motto "Von Rojava vorwärts zu einem demokratischen Syrien" stand ein Kongress der syrisch-kurdischen "Partei der Demokratischen Einheit" (PYD) im letzten Jahr. Die PYD ist führende Kraft der demokratischen Revolution in Rojava. In der militärischen Allianz "Demokratische Kräfte Syriens" (SDF) haben sich Kurden, Araber, Turkmenen, Assyrer und weitere Kräfte vereinigt. Ziel ist ein demokratisches Syrien - mit gleichberechtigten Ethnien, Religionen, mit Rechten für die Frauen und Schutz der natürlichen Umwelt. Mit ihren mehr als 50.000 Kämpferinnen und Kämpfern bilden sie auch die Hauptkraft im Befreiungskrieg gegen den IS und seine Hintermänner - und sie bekommen dafür Solidarität rund um die Welt.

Es ist bezeichnend, dass die demokratischen und revolutionären Kräfte Syriens bisher von den Friedensverhandlungen ausgeschlossen sind.

Vor allem steht der Aufbau Rojavas dem Machtanspruch des faschistischen Erdogan-Regimes in der Türkei im Weg. Deshalb setzt die türkische Armee ihre völkerrechtswidrigen Angriffe auf Rojava fort, teilweise gedeckt oder gerechtfertigt von Obama, Putin und Merkel/Steinmeier. In einer ersten Stellungnahme begrüßten die syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) die vereinbarte Feuerpause. Sie betonen: "Einen dauerhaften Waffenstillstand und eine nachhaltige Lösung zu erreichen, erfordert, dass alle politischen Parteien, die an der Spitze der Demokratischen Selbstverwaltung stehen, beteiligt werden." Darüber hinaus muss die Türkei ihre Angriffe auf Rojava und die Besetzung von syrischem Territorium umgehend beenden. Diesen Forderungen gehört die Solidarität und Unterstützung der Friedenskämpfer weltweit.

Dokumentarfilm "Den Sieg sichern" - Die internationalen Kobane-Brigaden

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