Politik
Wofür steht ein Bundespräsident Steinmeier?
16.11.16 - Nach langem Gerangel einigten sich am Sonntag CDU/CSU und SPD auf Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl. Die Zustimmung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat er. Steinmeier stammt aus einfachen Verhältnissen, entwickelte sich aber zu einem mit allen Wassern gewaschenen Monopolpolitiker: als Büroleiter von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, Mitbegründer der großen Koalition 2005 und derzeitiger Außenminister.
Steinmeier gibt sich konziliant, diplomatisch und bodenständig - mit vorgeblichem Verständnis für die sozialen Ungerechtigkeiten: "Offenbar fehlt am oberen Ende der Einkommensskala das
Vorstellungsvermögen dafür, dass es Familien gibt, die von 1000 Euro
leben müssen." (Handelsblatt 14.11.16) Darauf gründet unter anderem sein nach wie vor bestehendes Ansehen bei Teilen der Bevölkerung. Doch Steinmeier ist als ein maßgeblicher Architekt der "Agenda 2010" verantwortlich für die Durchsetzung von Niedriglöhnen auf breiter Front sowie die Zunahme von Leiharbeit, Minijobs und befristeten Arbeitsverhältnissen.
Wie skrupellos er in Wirklichkeit ist, offenbarte er unter anderem als früherer Kanzleramtschef und Geheimdienstkoordinator unter Gerhard Schröder. Er arbeitete eng mit den US-Geheimdiensten zusammen, war bestens informiert über die massenhafte Kommunikationsüberwachung der NSA und verantwortete die Verschleppung von Murat Kurnaz. Alle Versuche, ihn aus Guantanamo zurückzuholen, schmetterte er ab.
Steinmeier ist Exponent Deutschlands im imperialistischen Machtgerangel: Im Syrienkonflikt steht er für die machtpolitischen Interessen der EU. Er steht für die Aufrüstung der NATO gegen Russland im Ukrainekonflikt, aber auch für den Versuch der imperialistischen Befriedung dieser Konflikte. Steinmeier war der erste westliche Politiker, der nach dem Atomabkommen die faschistische Mullah-Regierung im Iran besuchte, um den deutschen Monopolen den Zugang zu den erhofften Geschäften zu sichern. Als Außenminister hat er sich den Ruf eines ausgefuchsten Krisenmanagers erworben. Offenherzig gibt er zu: "Internationale Politik heute ist permanent im Krisenmodus."
Er hat den designierten ultrareaktionären US-Präsidenten Donald Trump als "Hassprediger" bezeichnet. Es bleibt abzuwarten, wie er sich in seiner verbleibenden Zeit als Außenminister noch mit ihm arrangieren wird. Zweifellos tritt er für ein vorsichtigeres Agieren im zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf ein wie Trump. Allerdings dient das Klavier des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise, auf dem Steinmeier so gerne spielt, ebenfalls der Durchsetzung der Interessen der Herrschenden. In diesem Sinne soll er nun innenpolitisches Krisenmanagement betreiben.
Steinmeier ist wie die gesamte Große Koalition mittlerweile nach rechts gerückt. Er war führend beteiligt an der Aushandlung menschenverachtender Flüchtlingdeals mit der Türkei, aber auch mit mehreren nord- und zentralafrikanischen Ländern sowie mit Afghanistan. Erst gestern beehrte er das faschistische Regime in der Türkei mit seinem Besuch - nicht ohne dezent kritische Worte. Deutschen Aufbauhelfern im befreiten Kobanê (Nordsyrien) verweigerte er jegliche Unterstützung.
Dass sich die CDU-Führung und letztlich auch CSU-Chef Horst Seehofer zähneknirschend mit der SPD auf den Kandidaten Steinmeier geeinigt haben, zeigt wie sie versuchen, sich als Große Koalition notdürftig zusammenzuraufen. Die CSU stimmte letztlich zu, um den von Kanzlerin Merkel favorisierten Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zu verhindern. Die Widersprüche in der Großen Koalition sind aber nur zeitweise etwas gekittet. In der Erklärung der Internationalistischen Liste/MLPD zur US-Präsidentschaftswahl vom 11. November heißt es:
"Auch in Deutschland wenden sich immer mehr Menschen zu Recht von den regierenden Parteien ab. Auch hier versuchen ultrareaktionäre und nationalistische Kräfte, wie die AfD, aus dieser Situation Profit zu ziehen. Die Alternative zum bestehenden System kann nicht von rechts kommen. ... Es ist nötig, eine starke, fortschrittliche, revolutionäre und internationalistische linke Kraft aufzubauen, die eine wirkliche gesellschaftliche Alternative bieten kann - die Internationalistische Liste/MLPD. Jeder, der nach einer wirklichen gesellschaftlichen Alternative sucht, soll sie auch finden können!"
Erklärung der Internationalistischen Liste/MLPD