Politik

"Gute Nacht G8!" – Bildungsproteste gegen Chaos-Abi beleben sich

"Gute Nacht G8!" – Bildungsproteste gegen Chaos-Abi beleben sich

03.12.16 - 3.000 Unterschriften wahlberechtigter Bürger wurden am 29. November dem Landeswahlleiter im Innenministerium von Nordrhein-Westfalen (NRW) übergeben. So viele wie nötig für den Antrag auf ein Volksbegehren für die Wiedereinführung des Abiturs nach 13 statt nach 12 Jahren. Die Elterninitiative "g9-jetzt-nrw" hat diesen Antrag auf ein Volksbegehren angestoßen und geht davon aus, dass es mit dem Jahresbeginn 2017 in NRW an die Öffentlichkeit kann. Immerhin lehnen Dreiviertel der Bevölkerung in NRW das sogenannte Turbo-Abitur (G8) ab.

Ein Zulassen dieses Volksbegehrens wäre für NRW ein echtes Novum. Denn das bisher einzige erfolgreiche schulpolitische Volksbegehren in NRW fand im Jahr 1978 unter der Bezeichnung "Stop Koop" statt. Hinzu kommt, dass diese Auseinandersetzung zusammenfallen wird mit den Landtagswahlen in NRW im Mai 2017 und den Bundestagswahlen im Herbst 2017. An beiden wird sich auch die Internationalistische Liste/MLPD beteiligen.

Hauptsächlich in den Jahren 2007 bis 2013 wurde bundesweit das G8-Abi in Deutschland eingeführt. Seit dieser Zeit gibt es Proteste und der Widerstand von Eltern, Lehrern und Schülern. Das hat dazu geführt, dass es bundesweit kein einheitliches Abitur gibt, sondern einen Fleckenteppich aus den verschiedensten Schulmodellen.

So hat Baden-Württemberg seit dem Schuljahr 2012/2013 an derzeit 44 Gymnasien das G9-Abitur. In Bremen gilt ab 2012 das G8 nur an Gymnasien, an Oberschulen findet weiterhin das G9-Abi statt. In Hessen hat man seit 2013 die Wahl zwischen G8 und G9. Niedersachsen hatte 2011 das G8-Abi eingeführt und ist mit dem Schuljahr 2015/2016 für die Jahrgänge fünf bis acht zum Abitur nach dreizehn Jahren zurückgekehrt. Bayern hatte es mit der Einführung von G8 unter Edmund Stoiber besonders eilig. Doch es rumort dort schon seit vielen Jahren.

Durch den Wegfall eines Unterrichtsjahres spätestens seit 2013 bedeutet es für die allermeisten Schüler und Lehrer, die bisherige Stoffmenge von 13 Schuljahren in 12 Jahren zu vermitteln und zu lernen. Die 265 Jahreswochenstunden von G9 werden je nach Bundesland unterschiedlich auf die G8-Jahrgangsstufen verteilt. So kommen dann Stundenpläne mit bis zu 36 Wochenstunden zustande.

Aber mit G8 oder G9 geht es nicht nur um ein reines Zeitproblem. Denn G8 in dieser Form ist neben dem Hochschulstudium mit seinen Bachelor- und Masterabschlüssen Bestandteil einer Bildungspolitik im Interesse des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals. Und das interessiert sich nur dafür, Maximalprofite weiter zu steigern, indem auf ihre Bedürfnisse hin ausgebildete Leute in möglichst kurzer Zeit und zu einem möglichst niedrigen Preis zur Ausbeutung zur Verfügung stehen. Zugleich wird eine politische Selektierung der Jugend verstärkt. Der wachsende Leistungsdruck führt zu einer Einschränkung sozialen und politischen Engagements, demokratische Rechte und Freiheiten werden an Schule und Hochschule immer weiter eingeschränkt.

Auch wenn es im Kapitalismus keine wirklich demokratischen Schulen und Hochschulen geben kann, so treten die Schüler und Studentengruppen des REBELL und die Hochschulgruppen der MLPD für den Erhalt und die Erweiterung demokratischer Rechte und Freiheiten und für ein allgemeinpolitisches Mandat auf antifaschistischer Grundlage ein. Mit ihrer systematischen Kleinarbeit und besonders in den kommenden Wahlkämpfen wird sich die Internationalistische Liste/MLPD für eine kostenlose Bildung von der KiTa bis zur Uni und für ein einheitliches Bildungssystem einsetzen.

"Wir kritisieren den wachsenden Leistungsdruck und ein unnötige Spezialisierung, zugeschnitten auf die Interessen der Monopole an den Schulen und Hochschulen", so Stefan Engel, der Vorsitzende der MLPD. "Aber es ist auch ein Problem für die Jugendlichen, wenn sie immer länger an der Schule und Hochschule hängen, getrennt - manchmal auch abgehoben vom normalen Leben der Werktätigen. Je länger es dauert, bis Schule oder Hochschule abgeschlossen sind, desto schwieriger wird es auch für Arbeiterfamilien, das zu finanzieren. Wir würden ein Schulsystem bevorzugen, in dem Jugendliche ab einem Alter von 10 oder 12 Jahren an eine polytechnische Ausbildung in Zusammenarbeit mit Betrieben herangeführt werden - wo Theorie und Praxis viel enger verbunden sind."

Hier kann man das Internationalistische Bündnis beziehungsweise die Internationalistische Liste / MLPD mit einer Unterschrift unterstützen