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Türkei: Erdogan nützt Bombenanschläge als Vorwand für verschärften Staatsterror
13.12.16 - Nach den Bombenanschlägen im Istanbuler Stadtteil Besiktas im Anschluss an das Fußballspiel zwischen den Erstligisten Besiktas und Bursaspor hat die faschistische Regierung von Recep Tayyip Erdogan eine neue Welle des Staatsterrors in Gang gesetzt. Er mobilisiert seine Anhänger und die der faschistischen MHP zur Jagd auf alle, die den Freiheitskampf der Kurden sowie der Demokraten und Revolutionäre in der Türkei unterstützen.
Die Bombenanschläge kosteten bisher offiziell 44 Todesopfer, vor allem unter Polizisten. Inzwischen haben sich die "Freiheitsfalken Kurdistans" (Teyrêbazên Azadiya Kurdistan - TAK) zu den Anschlägen bekannt. Während die türkische Regierung, aber auch ein Teil der bürgerlichen Politiker und Medien in Deutschland, diese Organisation mit der kurdischen Befreiungsorganisation PKK in einen Topf werfen, hat diese immer wieder erklärt, dass sie mit den TAK nichts zu tun hat. Das gleiche hat die Partei der Demokratischen Union (PYD) aus Rojava unmissverständlich erklärt.
Der Doppel-Anschlag ereignete sich, nachdem die türkische Regierung den Entwurf für die umstrittene Einführung eines Präsidialsystems nach Art der Ermächtigungsgesetze Hitlers ins Parlament eingebracht hatte. Obwohl die fortschrittliche Demokratische Partei der Völker (HDP) den Doppelanschlag aufs Schärfste verurteilt, wird jetzt eine wahre Hexenjagd gegen sie in der ganzen Türkei losgetreten. Bei landesweiten Razzien wurden mindestens 237 Politiker der HDP festgenommen und mehrere Parteibüros völlig zerstört.
Die vom Erdogan-Regime und seinen Medien geschürte Empörung über die Bombenanschläge soll gleichzeitig die weltweite Ablehnung der zunehmend brutalen Unterdrückung des kurdischen Widerstands verunglimpfen und diesen kriminalisieren. In Cizre oder Amed/Dyarbakir wurden ganze Stadtteile dem Erdboden gleichgemacht. Sprache, Kultur und Lebensweise der Kurden werden weiterhin diskriminiert. Auch das angebliche Vorgehen der Türkei gegen den faschistischen IS hat sich vor allem als Vorwand für ein verschärftes Vorgehen gegen den kurdischen Befreiungskampf in der Türkei und in Syrien herausgestellt. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass das Erdogan-Regime den IS im Kampf gegen die selbstverwalteten Regionen im nordsyrischen Rojava sowie gegen die Ezidinnen und Eziden im Nordirak unterstützt.
Scheinheilig ist deshalb auch die "Trauer" von Merkel, Steinmeier und Gabriel über den Anschlag. Kein Wort des Protestes kommt ihnen über die Lippen, wenn türkisches Militär die Menschen in Rojava angreift. Bomben- und Raketenangriffe kosteten schon Dutzende Menschen - vor allem Zivilisten - das Leben. Die Verfolgung und Verurteilung von 30 mutmaßlichen Aktivisten der PKK in Deutschland zeigt die Komplizenschaft der Bundesregierung mit der faschistischen Diktatur in der Türkei.
So sehr zurückgewiesen werden muss, wnn Erdogan das Attentat zum Vorwand für verschärften Staatsterror nimmt, ist auch der individuelle Terror abzulehnen. Von den Massen losgelöste, anarchistische Aktionen gegen die Staatsorgane hält die MLPD für schädlich. Solche Aktionen ersetzen weder den notwendigen Kampf um die Denkweise unter den Massen noch die revolutionäre Kleinarbeit zur Förderung ihres aktiven Widerstands. Sie schaden dieser Arbeit außerordentlich, indem sie den Herrschenden unnötige Vorwände liefern und oft auch völlig unschuldige Menschen treffen.
Die gegenwärtige Entwicklung in der Türkei unterstreicht die Forderung der revolutionären Weltorganisation ICOR vom Juli 2016: "Das Proletariat und die breiten Massen müssen ihren eigenen Weg gehen, für Freiheit und Demokratie kämpfen und vorwärts zum Sozialismus schreiten! … Die MLPD als ICOR-Organisation fordert die internationale Ächtung des faschistischen Herrschaftssystems mit T. Erdogan an der Spitze!
- Abbruch aller diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei!
- Sofortiger Rückzug aller NATO-Truppen aus Incirlik!
- Schließung aller Militärbasen! Abzug aller ausländischen Truppen aus der Region!
- Gegen die Kriminalisierung des kurdischen Befreiungskampfs!
- Aufhebung des PKK Verbots!
- Humanitäre Hilfe für die betroffene kurdische Zivilbevölkerung und besonders die Flüchtlinge!"