Umwelt
Glyphosat im Bier: Erst bei einem Konsum von 1.000 Litern schädlich?
27.02.16 - Am 25. Februar 2016 stimmten 446 Abgeordnete des Deutschen Bundestags dagegen, das Herbizid Glyphosat zu verbieten. Die Zulassung in Europa endet im Juni 2016. Die EU-Kommission will es Anfang März für weitere 15 Jahre zulassen. Glyphosat erregte erst vor wenigen Tagen Aufmerksamkeit, weil in allen 14 Biersorten, die das Umweltinstitut München getestet hat, Spuren von Glyphosat bis zum 300-fachen des für Trinkwasser festgelegten - sowieso fragwürdigen - Grenzwerts nachgewiesen wurden (siehe rf-news-Meldung "Deutsche Biere mit Glyphosat belastet"). Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs, denn nicht nur in der Landwirtschaft ist es das meist verwandte Pestizid. Auch in Parks und Grünflächen wird es weltweit eingesetzt. Seit 1974 wurden international 8,7 Millionen Tonnen verspritzt.
Dieses Pflanzengift, das von Monsanto, Syngenta, Bayer und anderen Übermonopolen der Agrarchemie hergestellt wird, ist das seit Jahrzehnten weltweit am meisten eingesetzte "Unkrautvernichtungsmittel". Monsanto liefert dazu das genmanipulierte Saatgut, das resistent gegen Glyphosat ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" ein. Verschiedene Studien kritischer Wissenschaftler weisen nach, dass Glyphosat auch erbgutschädigend wirkt. Zudem wird durch Glyphosat die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren vermindert. Erst vor einigen Jahren wurde nachgewiesen, dass auch die Bienenvölker durch die allgegenwärtig mit Pflanzengiften kontaminierten Pollen gefährdet sind.
Das "Bundesamt für Risikobewertung" (BfR) erweist sich als getreuer Dienstleister der Agrarchemiemonopole, wenn es die weitere Zulassung von Glyphosat befürwortet. Sitzen doch in der "Pflanzenschutzmittel-Kommission" dieses Amts Mitarbeiter von Bayer und BASF. Die Süddeutsche Zeitung deckte auf, dass sich dieses Amt dabei vorwiegend auf manipulierte Untersuchungen der Hersteller beruft (siehe auch rf-news-Artikel "Glyphosat - wie staatliche Institute die Profitinteressen der Chemiemonopole durchsetzen"). Weltweit wurden 2012 718.000 Tonnen Glyphosat-haltige Produkte ausgebracht.
Monsanto und die anderen Hersteller von Glyphosat-haltigen Produkten machen mit diesen Produkten enorme Profite. Kritische Forscher wurden vielfach diskreditiert oder auf andere Weise mundtot gemacht. Wenn jetzt behauptet wird, seit dem Einsatz von Glyphosat als "Unkrautvernichtungsmittel" sei noch niemand zu Schaden gekommen, so ist das reine Augenwischerei. Die Zunahme von Krebs, Allergien und anderen Krankheiten in den letzten Jahren kann auf die Zunahme solcher Gifte, die in vielfältiger Weise in die Umwelt eingebracht werden, zurückgeführt werden.
In der Argumentation der Behörden wird eine Denkweise transportiert, die Wirkung von Glyphosat nur isoliert zu betrachten: schließlich müsse man täglich 1.000 Liter Bier trinken, um Schaden zu erleiden. Matthias Liess vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung versteigt sich zu der Aussage: "Glyphosat wirkt im wesentlichen als Pflanzenvernichtungsmittel, und wir sind ja keine Pflanzen". Als ob Glyphosat mit einem Adressaufkleber ausgestattet sei: "Für den menschlichen Organismus nicht zustellbar".
Weltanschaulich liegt dem die metaphysische Vorstellung zugrunde, als ob die Wirkung von Glyphosat allein und für sich existent wäre. In der Biosphäre stehen aber die Organismen und Öko-Systeme in enger Wechselbeziehung zueinander und können nur so funktionieren. Und die vielfältige Umweltvergiftung von Flora, Fauna, Wasser und Luft wirkt zusammen und potenziert sich.
Mit der Befürwortung der Pestizide verfolgen die Behörden auch das Ziel, das Handelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU nicht scheitern zu lassen, denn der Einsatz von Pflanzengiften ist ein lukrativer Bestandteil des Abkommens. Auch die weltweiten Proteste gegen TTIP sind deshalb eine richtige Antwort. Notwendig ist aktive Widerstand gegen die massenhafte Vergiftung von Nahrungsmitteln und Menschen. Strenge Kontrolle aller Lebensmittel und Pflicht zur Kennzeichnung ihrer Herkunft, Inhaltsstoffe und Produktionsbedingungen!