Politik
Der neue Bundespräsident Steinmeier - Mut zum Kitt?
13.02.17 - Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist der neue Bundespräsident und damit Nachfolger von Joachim Gauck. Seine Wahl war keine Überraschung. Schon im ersten Wahlgang erhielt er dreiviertel der Stimmen der Bundesversammlung (931 Stimmen). Steinmeier gehört zu denjenigen Regierungspolitikern, die über ein bestimmtes Ansehen unter den Massen verfügen. Seine Umfragewerte lagen zuletzt deutlich höher als die der Kanzlerin. Was die Menschen an ihm schätzen ist eine Besonnenheit, dass er kein Schreihals und Scharfmacher ist oder auch, dass er seiner Frau eine Niere gespendet hat. Letzteres ist ihm persönlich anzurechnen. Aber ist er wirklich der besonnene, nicht scharf-machende Politiker, als den ihn viele empfinden?
Immerhin war Steinmeier jahrelang Geheimdienstkoordinator und in diesem Zuge verantwortlich für unnötige Ausdehnung der unrechtmäßigen Haft des deutschen Murat Kurnaz im US-Gefängnis auf Guantanamo. Von 1999 bis 2005 war Steinmeier als Kanzleramtschef für die Nachrichtendienste politisch verantwortlich - und damit für die enge Zusammenarbeit zwischen BND und US-Geheimdienst NSA bei der Bespitzelung der deutschen Bevölkerung - bis hin zu europäischen Regierungen.
Als Außenminister war er führend beteiligt an der Aushandlung menschenverachtender Flüchtlingsdeals mit der Türkei. Steinmeier steht für eine verstärkte militärische Einmischung Deutschlands und der EU im Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Sein Außenministerium verweigerte den ICOR-Brigaden die Unterstützung beim Bau eines Gesundheitszentrums im vom faschistischen IS zerstörten Kobanê (Nordsyrien) ebenso, wie blockierten humanitären Helferinnen und Helfern im Irak und Syrien.
Steinmeier gilt als einer der Architekten der volksfeindlichen Hartz-Gesetze (Agenda 2010), die er gestern auch verteidigte. Wenn Ex-SPD-Kanzler Schröder „damals so mutlos regiert hätte wie Angela Merkel heute, stünden wir jetzt in einer Reihe mit Italien, Frankreich und Spanien vor deutlich größeren Problemen inmitten der Euro-Krise.“ Zu Deutsch: Wir haben alles richtig gemacht und hätten vielleicht noch härter sein müssen.
Der Hartz-IV-Kritiker Christian Butterwegge, der von der Linkspartei aufgestellt war, erzielte dementsprechend gestern auch einen Achtungserfolg. Er bekam 128 Stimmen, obwohl die Linkspartei nur über 95 Stimmen verfügte. Wie tief die Widersprüche in der Großen Koalition im angelaufenen Bundestagswahlkampf sind, belegen die 150 Stimmen, die Steinmeier von den Wahlmännern der ihn tragenden vier Parteien am Ende fehlten.
1,7 Millionen Euro kostete die gestrige Bundesversammlung. Dort wählten die 630 Abgeordnete des Bundestag und genau so viele Wahlfrauen und Wahlmänner, die von den in den Landtagen vertreten Parteien entsendet wurden, den Bundespräsidenten.
In seiner Dankesrede nach der Wahl erklärte Steinmeier, Deutschland sei in „stürmischen Zeiten ein „Anker der Hoffnung für Menschen in aller Welt“: „Und wenn wir anderen Mut machen wollen, dann brauchen wir selber welchen.“ Angesichts der sich weiter vertiefenden Krise der bürgerlichen Flüchtlingspolitik und dem Rechtsruck der Bundesregierung sucht Steinmeier als Kandidat einer ganz großen Koalition nach dem "Kitt der Gesellschaft". Seine Wahl ist der Versuch die gesellschaftliche Polarisierung abzudämpfen. Die Erfolgsaussichten sind mehr als zweifelhaft in Zeiten sich verschärfender Widersprüche.
Viele begrüßten bei der gestrigen Übertragung die klare Abgrenzung vieler Politiker und prominenter Wahlmänner gegenüber der ultrareaktionären, faschistoiden und rassistischen AfD. Deren Kandidat erhielt nur 42 Stimmen, 35 von seinen Gesinnungsgenossen und weitere wahrscheinlich von ultrareaktionären CDU/CSU-Wahlanhängern, die Steinmeier nicht wählen wollten.
Man kann allerdings den Kampf gegen die AfD als Wegbereiter des Faschismus nicht einer Bundesversammlung überlassen. Ein wirklich starkes Zeichen setzten am Samstag 10.000 Demonstranten, die sich der AfD und 200 ihrer Anhänger in Münster entgegenstellten.
Steinmeier sei auf Grund seiner Erfahrungen und Verbindungen als Außenminister der „richtige Mann zur richtigen Zeit“ preisen vor allem Regierungsmitglieder der Großen Koalition seine Wahl. Tatsächlich war er Umsetzer des Rechtsruck der Bundesregierung in der Außenpolitik.
Wer eine wirklich besonnene, selbstlose Politik im Zeichen der Völkerfreundschaft sucht, ist bei Frank-Walter Steinmeier an der falschen Adresse. Eine solche Politik findet man beim Internationalistischen Bündnis an dem auch die MLPD mitarbeitet. Statt auf falschen Kitt wird hier auf echten Zusammenhalt gesetzt.