Betrieb und Gewerkschaft

Betriebsversammlung in Kassel: Belastendes Schichtmodell trifft auf breite Kritik

Kassel (Korrespondenz), 30.03.17: Vorletzte Woche waren dezentrale Betriebsversammlungen im VW-Werk Kassel. In der Versammlung am 16. März gab es eine entfaltete Auseinandersetzung gegen ein neues Schichtmodell im Bereich DQ500 (Getriebebau, Halle 3), bei dem außer der Sonntag-Spätschicht alle Schichten besetzt werden müssen (20-schichtige Fahrweise). Die Kolleginnen und Kollegen hatten vor einigen Wochen eine Unterschriftenliste gemacht mit dem Ziel, Entlastung am Wochenende zu bekommen. Die Liste war sehr erfolgreich, in kürzester Zeit unterschrieb die Hälfte aller Beschäftigten im Bereich.

Daraufhin sah sich der Betriebsrat genötigt, Beratungen mit den Vertrauensleuten und Teamsprechern durchzuführen, ein neues Schichtmodell zu kreieren und vom Unternehmen eine Absenkung der Arbeitszeit zu fordern. Das ist ein Teilerfolg dieser Unterschriftenliste, ohne dass das wirkliche Anliegen der Kollegen erfüllt worden ist.

Auf der Betriebsversammlung die Tassen hoch. Bei der Vorstellung des Schichtmodells durch den Betriebsrat gab es höhnisches Klatschen und Buh-Rufe. Viele waren sauer: "Wer den Mist beschließt, der sitzt am Wochenende zu Hause"; "Wann kommen die mal am Wochenende hier rein, die das unterschreiben?"; "Da wird der Krankenstand noch mehr hochgehen". Viele Kollegen forderten die Herabsenkung der Arbeitszeit auf 35 bzw. auf 28 Stunden pro Woche.

Ein Kollege forderte dazu auf, sich von der Einstellung zu lösen, dass die Belegschaft mit dem VW-Management in einem Boot sitzt. Er forderte den Rücktritt von Dobrindt, die Haftung der Manager mit Privatvermögen und Entschädigungszahlungen auch in Europa. Als gute Beispiele für Aktivitäten nannte er die Unterschriftenlisten in der Halle 3 in den letzten Monaten und sagte: "Was meint ihr, was das für ein Zeichen in der Region setzt, wenn wir richtig die Brocken hinschmeißen?" Ein weiterer Kollege bezog grundsätzlich gegen den Rechtsruck der Regierungen Stellung und forderte die Kollegen auf, vom Arbeiterstandpunkt der internationalen Solidarität auszugehen.

Es entwickelt sich eine zunehmende Wut und Bereitschaft zum Protest. Viele ballen die Faust in der Tasche. Das ist eine gute Basis für weitere und sich steigernde kämpferische Aktivitäten im und vor dem Betrieb als Schule des Klassenkampfs gegen VW.