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Gericht stellt Verfahren gegen faschistische "Bürgerwehr" ein

25.04.17 - Kaum hatte er begonnen, stellte das Amtsgericht Kamenz in Sachsen den Prozess gestern schon wieder ein: gegen die vier Männer, die am 21. Mai 2016 einen Mann aus dem Irak mit Kabelbindern gefesselt, zu Boden getreten und dann an einen Baum gebunden haben. Die Begründung des Kamenzer Richters: Die Täter seien bisher nicht vorbestraft gewesen, sie hätten "geringe Schuld" und es fehle das öffentliche Interesse an einem Prozess und Urteilsspruch.

Das ist empörend. Der brutale Übergriff der selbsternannten "Bürgerwehr" hat damals bundesweit Wellen geschlagen. Die Beschuldigten im Alter zwischen 29 und 56 Jahren gaben damals zur Begründung an, sie hätten eine angebliche Gefährdungssituation abwenden und den Iraker an der Flucht hindern wollen. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben: Der Iraker hatte sich nichts, absolut nichts, zuschulden kommen lassen - weder Diebstahl noch Bedrohung noch Sachbeschädigung.

Der junge Flüchtling aus dem Irak war als Zeuge im Prozess in Kamenz vorgesehen. Am vergangenen Montag wurde er tot aufgefunden. Seine Aufenthaltsgenehmigung hatte er bei sich. Die Frankfurter Rundschau berichtet, es gebe "keine Hinweise auf Fremdeinwirkung oder einen direkten Zusammenhang mit dem Vorfall in Arnsdorf ".

Dem muss nachgegangen werden: Lückenlose Aufklärung der Umstände, unter denen der junge Iraker zu Tode kam! Die Niederschlagung des Verfahrens gegen die faschistoide Bürgerwehr kann nicht hingenommen werden!

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich gestern im Zusammenhang mit der frisch veröffentlichten Kriminalstatistik für 2016 "über die Zunahme der Gewalttaten in Deutschland besorgt" gezeigt. "Alle Teile der Gesellschaft seien gefragt, der Verrohung und jeder Form von Hass und Gewalt entschieden entgegenzutreten", äußerte er. Da bietet es sich an, Herr De Maizière, dass Sie umgehend Ihre Autorität in die Waagschale werfen und dafür sorgen, dass der Tod des irakischen Flüchtlings aufgeklärt, der Prozess gegen seine Peiniger durchgeführt und die Täter bestraft werden.