Politik

Die "soziale Gerechtigkeit" von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD)

Die "soziale Gerechtigkeit" von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD)
1. Mai in Gelsenkirchen: Kein Blumentopf für Andrea Nahles (rf-foto)

02.05.17 - "Millionen Deutsche arbeiten hart und kommen nicht zurecht", das sagt uns die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. Bei ihrem Auftritt am 1. Mai in Gelsenkirchen beschwerte sie sich über die "sachgrundlosen Befristungen" von Teilzeitarbeitsplätzen und forderte "endlich eine Stabilisierung des Rentenniveaus". Und sie erklärt, dass sie auch gut die Wut von Niedriglohnempfängern verstehen kann, wenn sie hören, dass Ex-VW-Chef Winterkorn 3.100 Euro Rente am Tag erhält.

Man reibt sich verwundert die Augen, schließlich ist sie als Bundesarbeitsministerin und langjähriges Mitglied im SPD-Vorstand eine der Hauptverantwortlichen für diese Entwicklung. Es ist reine Demagogie, wenn ausgerechnet sie die "soziale Ungerechtigkeit" in Deutschland kritisiert, um davon abzulenken. Es war doch die SPD, die in Regierungsverantwortung mit dafür sorgte und sorgt, dass sich Leiharbeit und Kurzarbeit immer weiter ausbreiten. Die Vollzeitarbeitsplätze gingen von 2000 bis 2015 um 1,48 Millionen zurück, Teilzeit- und Minijobs nahmen um 4,22 Millionen zu. In der Folge sind heute 19 Millionen Menschen arbeitslos oder unterbeschäftigt.

Andrea Nahles hat selbst dafür gesorgt, dass die gesetzlichen Hürden für den Bezug von Arbeitslosengeld für Leiharbeitsbeschäftigte besonders hoch sind. Wer von ihnen es nicht schafft, innerhalb von 24 Monaten 12 Monate beschäftigt zu werden, stürzt bei Arbeitslosigkeit sofort in Hartz-IV-Bezug. Aber 12 Monate zu arbeiten, gelingt nur wenigen: Knapp ein Drittel aller Leiharbeitsverhältnisse enden bereits innerhalb von 30 Tagen, weitere 19 Prozent vor Ablauf von drei Monaten. Das führte dazu, dass im letzten Jahr 130.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter – 38 Prozent – sofort zu Hartz-IV-Empfängern wurden, nachdem sie sich arbeitslos melden mussten.

Es ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten, wenn Frau Nahles ebenso wie der - inzwischen bereits angekratzte - Hoffnungsträger der SPD, Martin Schulz, von mehr "sozialer Gerechtigkeit" faseln. Was hat denn die SPD in all den Jahren gemacht, in denen sie an Regierungen beteiligt war? Dass Ex-Kanzler Gerhard Schröder mit seiner "Agenda 2010" für eine umfassende soziale Demontage und den sprunghaften Ausbau des Niedriglohnbereichs in Deutschland gesorgt hat, können Nahles und Schulz nicht einfach vergessen machen.

Zu der von der SPD propagierten Wende zu "sozialer Gerechtigkeit" erklärt die Parteivorsitzende der MLPD, Gabi Gärtner, dass diese "auf jeden Fall nicht dazu führen wird, die von der SPD unter Gerd Schröder verantwortete Umverteilung des Nationaleinkommens zulasten der breiten Massen wieder rückgängig zu machen. Es wird unter Martin Schulz ebenso wenig eine Abkehr von den Hartz-Gesetzen geben wie von der Riester-Rente, der Rente mit 67 oder der Auflösung der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung" (Rote Fahne 9/2017 vom 28.4.17).

Die Wahlkampfheuchelei der SPD von "sozialer Gerechtigkeit" dient nur dazu, die wachsende Unzufriedenheit unter den Massen scheinbar aufzugreifen und ihre Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative aufzuhalten. Ihre Galionsfiguren verschweigen, dass die Wurzel der sozialen Ungerechtigkeit die kapitalistische Ausbeutung der Arbeiter und Angestellten ist. Sie verschweigt, dass das allein herrschende internationale Finanzkapital sich diesen Staat und seine Gesetzgebung vollständig untergeordnet hat und die SPD selbst längst eine Monopolpartei ist, die dessen Interessen bereitwillig durchsetzt.

Die nächste Ausgabe des Rote-Fahne-Magazins wird die Frage "Soziale Gerechtigkeit in Deutschland?" im Titelthema behandeln. In ihrem Wahlprogramm erklärt die Internationalistische Liste/MLPD: "Wir sind stolz darauf, Visionen zu haben von einer von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Welt – statt uns pragmatisch den herrschenden kapitalistischen Verhältnissen unterzuordnen, Missstände nur irgendwie zu verwalten oder uns mit kleinsten Verbesserungen zufriedenzugeben." Deshalb: am 14. Mai bei der Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen Liste 26 wählen!