Atomsteuer „verfassungswidrig“

Atomsteuer „verfassungswidrig“

Geschenk für die Energiekonzerne

Das Bundesverfassungsgericht hat am 7. Juni die von den Stromkonzernen von 2011 bis 2016 erhobene Brennelementesteuer für rechtswidrig erklärt.

Von Wb
Geschenk für die Energiekonzerne
Die Masse der Menschen in Deutschland will keine Atomkraft - wie hier 2016 in Neckarwestheim (rf-foto)

Der Staat muss deshalb 6,3 Milliarden Euro „plus sechs Prozent jährliche Zinsen“ an die Atom-Monopole Eon, RWE und EnBW zurückzahlen. Die Börse hat dies sofort mit einem Anstieg der Aktienkurse von über 6 Prozent honoriert.

 

Atomkraftwerk Grundremmingen (foto: Felix König (CC BY-SA 3.0)
Atomkraftwerk Grundremmingen (foto: Felix König (CC BY-SA 3.0)

Im Blickpunkt:

  • 6,3 Milliarden Euro „plus sechs Prozent jährliche Zinsen“ gehen nach dem Urteil an die Atommonopole
  • Aktienkurse steigen um über 6 Prozent
  • Zweiter Regierungs-Deal zu Gunsten der Energiekonzerne

 

Ein guter Tag also für die Energiemonopole, ein Schlag ins Gesicht der großen Mehrheit der Bevölkerung, bei denen die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke so unbeliebt sind wie sonst nur wenige Wirtschaftszweige¹. Hannes Stockert, umweltpolitischer Sprecher der MLPD:

 

„Die MLPD fordert seit Jahren die sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke auf Kosten der Betreiber und höchste Sicherheitsstandards bei der Lagerung des hochgiftigen Atommülls. Wir werden uns auch weiterhin für diese Ziel einsetzen und beteiligen uns deshalb zusammen mit der marxistisch-leninistischen Gruppe Rode Morgen aus den Niederlanden bei der Aktion 'KettenreAktion Tihange'. Es handelt sich dabei um eine Menschenkettenaktion, die am 25. Juni von Tihange über Lüttich, Maastricht nach Aachen gehen wird.“

 

Die MLPD fordert seit Jahren die sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke auf Kosten der Betreiber und höchste Sicherheitsstandards bei der Lagerung des hochgiftigen Atommülls.

Hannes Stockert, Umweltpolitischer Sprecher der MLPD

Harald Uphoff, Chef des Bundesverbands Erneuerbare Energie, kritisierte das Urteil scharf: „Dass die Atomkonzerne, nach Jahrzehnten der Subventionen und guten Gewinnen mit ihrem Strom, nun Geld zurückbekommen, stellt das Verursacherprinzip auf den Kopf – zulasten der Stromkunden und Steuerzahler.“²

 

Zugeständnis an die öffentliche Kritik

 

Die Brennelementesteuer wurde Anfang 2011 von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung unter Angela Merkel eingeführt, um die öffentliche Kritik an der ebenfalls beschlossenen Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke abzudämpfen. Die Steuer von 145 Euro pro Gramm fiel an, wenn die Energiekonzerne neue Brennelemente in den Reaktor einsetzten.

 

Sie wurde auch beibehalten, als die Merkel-Regierung unter dem Eindruck der AKW-Katastrophe in Fukushima im März 2011 und der breiten Widerstandsbewegung die Laufzeitverlängerung wenig später wieder kippen und den schrittweisen „Ausstieg aus der Kernenergie“ zugestehen musste. Die Regierung traute sich angesichts der breiten Empörung über die gigantische Subventionierung der Atomkonzerne nicht, an der Steuer zu rütteln.

 

Formaler Vorwand

 

Das Bundesverfassungsgericht begründete seine Entscheidung rein formal damit, dass die Atomsteuer als Verbrauchssteuer deklariert wurde. Es fand allerdings völlig in Ordnung, dass die Regierungen erfindungsreich sind, wenn es um neue Steuern geht, wie bei der Bier-, Mineral- und Kaffeesteuer oder zuletzt der Alcopop-Steuer.

 

Von einer "Verbrauchsteuer" könne aber nur gesprochen werden, wenn tatsächlich die breiten Massen dafür aufkommen und nicht etwa irgendwelche Konzerne. Wer kauft schon Uran und welcher Baumarkt oder welche Apotheke bietet dieses an? Die Mehrwertsteuer werde zwar auch bei den Erzeugern der Produkte kassiert, könne aber problemlos auf die Masse der Verbraucher abgewälzt werden.

 

"Im Namen der Monopole"

 

Das Urteil zeigt ein weiteres Mal, dass die Gerichte sich zwar unabhängig geben, im Grunde aber „im Namen der Monopole“ Recht sprechen. Damit wurde bereits zum zweiten Mal in kurzer Zeit eine Entscheidung zugunsten der Energiemonopole gefällt.

 

Ein Skandal war auch der im Oktober letzten Jahres unter Führung des ehemaligen grünen Umweltministers Jürgen Trittin eingefädelte Deal: Danach müssen die Stromkonzerne 23 Milliarden Euro in einen eigens dafür eingerichteten Fond überweisen, womit sie sich aller weiteren Kosten und Risiken entledigen können. Das umweltpolitische und fiskalische „Rest-“Risiko wird von allen bürgerlichen Parteien auf die Massen abgewälzt!