London
Flammendes Inferno: Profitgier war der Grund
Ein schwerer Hochhausbrand hat in London am gestrigen Mittwoch, 14. Juni, mindestes siebzehn Menschen das Leben gekostet.
Der 24-stöckige Grenfell-Tower im Stadteil North Kensington war gestern in einem wahren Flammeninferno aufgegangen. Der Brand war fast überall am Himmel der Millionenmetropole London zu sehen.
Nach Aussagen der Feuerwehr hatte sich das Feuer in rasender Geschwindigkeit auf der Fassade und im Innern des Gebäudes ausgebreitet. Die ersten Löschzüge waren 15 bis 30 Minuten, nachdem der Feueralarm bei der Feuerwehrzentrale eingegangen war, vor Ort. Als sie eintrafen, brannte bereits das gesamte Hochhaus mit seinen 120 Wohnungen.
Schwere Versäumnisse beim Brandschutz
Die Katastrophe war nur möglich, weil die zuständige Hausverwaltung und der Besitzer des Hauses, die Kensington and Chelsea Tenant Management Organization sowie das Kensington und Chelsea London Borough Council, schwere Versäumnisse beim Brandschutz zuließen – unter anderem waren die Löschvorrichtungen drei Jahre nicht gewartet worden. Die Sprinkleranlage funktionierte nach übereinstimmenden Aussagen nicht.
Außerdem wurde die Fassade des Gebäudes bei der letzten Renovierung 2016 aus Kostengründen mit Aluminiumpaneelen in Sandwichbauweise verkleidet. Eine leicht brennbare Baumaßnahme, die nach Meinung des Leiters der Frankfurter Feuerwehr, Reinhard Ries, mitverantwortlich für die schnelle Ausbreitung des Feuers war. Unter den Paneelen saß eine Dämmung aus leicht enflammbaren Styropor, der ebenfalls aus Kostengründen verwendet worden war.
Die kompletten Missstände waren sowohl der Hausverwaltung, als auch dem Besitzer bekannt: Verschiedene Mieter des Hauses, Arbeiterinnen und Arbeiter, Menschen mit Migrationshintergrund, junge Familien, taten sich zur Initiative Grenfell Action Group zusammen und listeten den Verantwortlichen jeden Mangel auf. Sie machten alles auch in einem Blog öffentlich.
Ihr Ergebnis liest sich so: "Es ist ein wahrlich erschreckender Gedanke, aber die Grenfell Action Group glaubt fest, dass nur ein katastrophales Ereignis das Unvermögen und die Inkompetenz unserer Vermieter, der KCTMO [= Kensington and Chelsea Tenant Management Organisation], entlarven wird und den gefährlichen Lebensumständen und Missachtung der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften ein Ende setzen wird, die sie ihren Mietern und Pächtern zumuten.
Wir glauben, dass die KCTMO eine schlimme gewissenlose Mini-Mafia ist, die ihre Aufgabe nicht in der Verantwortung des Tagesgeschäfts in der Leitung einer sozialen Wohnsiedlung sieht und dass ihr schändliches geheimes Einverständnis mit dem RBKC [= Royal Borough of Kensington and Chelsea] Council ein Rezept für ein zukünftiges großes Desaster ist.“ (Deutsche Übersetzung)¹
Auch in Deutschland möglich?
Weltweit gibt es große Solidarität mit den Opfern und ihren Angehörigen. Auch die MLPD spricht den Betroffenen ihr tiefes Mitgefühl aus. Wenn jetzt infolge der Katastrophe allerdings Stimmen laut werden, die ein solches Inferno für Deutschland ausschließen, dann ist das eine wissentliche Falschaussage. Viele Hochhäuser in Deutschland stammen wie der Grenfell Tower aus den 1970er Jahren und entsprechen den damaligen Brandvorschriften. Diese sind allerdings heute völlig überholt und keineswegs in jedem Fall wurden die Gebäude auf den neuesten Stand gebracht.
Die heutigen deutschen Brandschutz-Bestimmungen sind zwar strenger als die in Großbritannien, brennbare Dämm-Materialien dürfen aber auch hierzulande bei Häusern bis zu einer Höhe von 22 Metern verwendet werden. Brandschutz- und Feuerwehrexperten fordern seit langem, dies ebenfalls zu verbieten. Solche kritischen Stimmen werden aber weitgehend ausgeblendet.
Katastrophale Brandschutz-Realität
Der mittlerweile durch Sprengung abgerissene AfE-Turm der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität war wegen fehlender durchgängiger Rettungswege zeitweilig teilweise gesperrt, völlig überbelegt und mit einer sehr anfälligen veralteten Aufzugsanlage ausgestattet. Im Brandfall wäre ein ähnliches Drama wie in London realistisch gewesen. Trotzdem hatte die Frankfurter Uni-Leitung keine Probleme damit, den AfE-Turm bis zum letzten Tag weiter zu nutzen. Ein weiteres noch in Bau befindliches Hochhaus in Frankfurt/Main hatte erst kürzlich gebrannt.