Betrieb und Gewerkschaft
Wichtige Entwicklungen in den Autokonzernen und bei den Zulieferern
Die Situation der Belegschaften in der Automobilindustrie und ihren Zulieferbetrieben ist in Bewegung.
Außerordentliche Belegschaftsversammlung bei Daimler in Untertürkheim, die immer wieder unterbrochen wird – außerordentliche Belegschaftsversammlung bei Bosch in Reutlingen. Aus fast allen großen Automobilbetrieben und Zulieferern erreichen die Redaktion von Rote Fahne News Berichte über zum Teil sehr turbulente Belegschaftsversammlungen wie von Ford in Köln, Daimler in Düsseldorf oder verschiedenen VW-Werken.
In Kürze:
- Die Auto- und Zulieferermonopole starten aus verschiedenen Gründen eine Ausbeutungsoffensive
- Die Kolleginnen und Kollegen durchschauen die Blendmanöver der Monopole, die ihnen nichts als Arbeitsplatzvernichtung einbringen zunehmend
- Gemeinsam müssen die Belegschaften konzernübergreifend dagegen kämpfen
In den Autokonzernen und Konzernen wie Bosch formiert sich ein Widerstand gegen Konzern-Programme zur massiven Verschärfung der Ausbeutung. „Schweineliste“ nennen die Kolleginnen und Kollegen aus Untertürkheim den Forderungskatalog der Werksleitung. Die Forderungen und Methoden sind fast überall dieselben:
- Massive Ausweitung der Leiharbeit und Fremdvergabe – Ausdehnung und weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit, Abschaffung der Pausen, Senkung der Taktzeiten, Gründung tarifloser Tochterunternehmen, Aufhebung erkämpfter betrieblicher und tariflicher Rechte und Standards ...
- Bei VW in Kassel werden Leiharbeiter kurzerhand in "Ferienarbeiter" umbenannt, um damit der Auseinandersetzung um eine Übernahme aus dem Weg zu gehen. In Düsseldorf vermuten die Kolleginnen und Kollegen, dass mit der Ausdehnung der Leiharbeit in bestimmten Bereichen eine Auslagerung vorbereitet wird! Bei VW in Braunschweig wird ein ganzer Jahrgang von Auslernern nach Kassel versetzt – ein Werk ohne Jugend hat keine Zukunft!
Begründet wird diese Ausbeutungsoffensive mit angeblich notwendigen „Kostensenkungsmaßnahmen“, überall zwischen 20 und 25 Prozent - Kostensenkung ist nichts anderes als Steigerung der Ausbeutung zur Steigerung des Profits!
Die Verschärfung des internationalen Konkurrenzkampfs als Grund
Hintergrund ist die Verschärfung des internationalen Konkurrenzkampfes. Die zwischenimperialistischen Widersprüche werden zusätzlich durch das aggressive Auftreten neuimperialistischer Länder befeuert. Das geschieht in Verbindung mit der Einführung der E-Mobilität und Digitalisierung. Die Autokonzerne und Autozulieferer sind gezwungen, in zwei Technologien gleichzeitig zu investieren. Das verschärft den tendenziellen Fall der Profitrate.¹ Die Verschärfung der Ausbeutung ist eine Maßnahme der Konzerne gegen diese Entwicklung.
Die Belegschaften werden erpresst
Die Ausbeutungsprogramme sind überall verbunden mit der Erpressung der Belegschaften: ansonsten sei der Standort in Gefahr, werde die Produktion verlagert, verpasse man den Anschluss an die Zukunft usw. All dies soll die Kolleginnen und Kollegen spalten und einschüchtern. Doch die Kolleginnen und Kollegen haben inzwischen reichhaltige Erfahrungen mit „Zukunftsverträgen“ und erpressten Zugeständnissen zur Sicherung der Arbeitsplätze gemacht. Das einzig sichere daran war nur der Profit für die Konzerne!
Es wächst der Zusammenhalt zwischen Teilen der Stammbelegschaft und den Leiharbeitern. Bei Daimler haben Kolleginnen und Kollegen einen Teil ihrer Prämie den Leiharbeitern gegeben. „Mit Erpressern verhandelt man nicht“ - das wird von immer mehr Kolleginnen und Kollegen aufgegriffen. Deshalb gerät auch die Politik des Co-Managements der IG-Metall-Führung und der führenden Betriebsräte immer mehr in Kritik.
Statt Zugeständnisse zu machen ist jetzt die Gewerkschaft als Kampforganisation gefordert! Auf massiven Protest der Belegschaft hat der Werksleiter von Untertürkheim die Errichtung einer tariflosen Batteriefabrik zurücknehmen müssen. Bei Ford hat bereits die Ankündigung von Protestaktionen ausgereicht, dass mehr Personal ans Band geschickt wurde.
Kämpferische und klassenkämpferische Kolleginnen und Kollegen: Meinungsführer
In vielen Betrieben erlangen die kämpferischen und klassenkämpferischen Kolleginnen und Kollegen die Meinungsführerschaft, die konsequent die Arbeiterinteressen vertreten und die oft der MLPD zugerechnet werden. Sie sind deshalb auch zum Teil wüsten Angriffen und Mobbing der Konzernvorstände und Vorgesetzten ausgesetzt. In Rüsselsheim maßregelt die Werksleitung einen Vertrauensmann durch Strafversetzung. Porsche forderte einen Kollegen auf, zu kündigen, als er den Abgasbetrug auf der Belegschaftsversammlung angreift. Anschließend wird er von der Arbeit freigestellt. Seine Antwort darauf ist, dass er jetzt als Direktkandidat für die Internationalistische Liste/MLPD zu den Bundestagswahlen 2017 antritt!
Für einen gemeinsamen Kampf der Arbeiterinnen und Arbeiter
Diese Angriffe und dieses Mobbing sind Zeichen der großen Nervosität der Konzernvorstände. Sie fürchten eine Entwicklung, wo sich die heute noch einzelnen Aktivitäten in den Belegschaften zu einem gemeinsamen Kampf der Arbeiterinnen und Arbeiter verbindet. Einem gemeinsamen Kampf, der nicht nur Angriffe abwehrt, sondern offensiv für offensive Forderungen den Kampf führt, der sich über Konzern- und Ländergrenzen hinweg organisiert und eng mit der MLPD zusammenarbeitet: für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich! Für die Festeinstellung der Leiharbeiter, Werksverträgler und unbefristete Übernahme der Auslerner, entsprechend ihrer Ausbildung! Für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht!