VW Wolfsburg
Belegschaftsversammlung: Die Zeit der Krokodilstränen ist vorbei
14.000 Kolleginnen und Kollegen waren zur Belegschaftsversammlung am 14. September bei VW in Wolfsburg gekommen.
Vor allem aus der Produktion nahmen dieses Mal etwas mehr teil. Im Vorfeld hatten bereits drei Transparente – zwei im Werk, eins vor dem Werk – für die Versammlung geworben – was für großes Aufsehen gesorgt hat. Darauf stand unter anderem: „Leiharbeiter unbefristet einstellen - jetzt – seid laut auf der BV“, „Stoppt die Arbeitshetze – kommt zur BV“.
Selbstbewusste Arbeiterinnen und Arbeiter
Ganz selbstbewusst stellten sich ca. 30 Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Produktion vor die ersten Stuhlreihen, die alle von Angestellten besetzt sind. In der Diskussion ergriffen ca. zehn Kolleginnen und Kollegen das Wort. Sie griffen vor allem die immer unerträglichere Arbeitshetze in der Produktion an. Das ist Ergebnis des „Zukunftspaktes“. Die Vernichtung von 23.000 Arbeitsplätzen in Deutschland ist erst der Beginn der Steigerung der Ausbeutung bis 2025 im Kampf um die Weltmarktführerschaft – das erklärte Ziel von VW. Allein in diesem Jahr hat VW den Gewinn um zusätzlich 1,5 Milliarden Euro gesteigert, wie Personalvorstand Dr. Blessing bekannt gab.
Kollegen berichten über Folgen der Arbeitshetze
Über die Folgen berichteten die Kollegen: „Bei uns muss nicht nur der Teamsprecher mitarbeiten, sondern auch der Qualitätssicherer. Und dann kritisiert unser Chef, dass die Qualität nicht mehr stimmt.“ Ein Kollege berichtete von einer Sanktion, die er für einen Fehler bei der Arbeit bekommen hat. Er machte dafür auch die Arbeitsbedingungen verantwortlich. Einen Fehler offen zugeben, das war bislang Tabu bei VW – es zeigt, dass immer mehr Kollegen bereit sind, offen die Verhältnisse am Arbeitsplatz zu kritisieren! Auch die unbefristete Übernahme der Leiharbeiter/innen war eine Forderung in Redebeiträgen. Ein Kollege griff deswegen die SPD an, die nachweislich mit den Hartz-Gesetzen die Ausbreitung der Leiharbeit erst ermöglicht hat. „
Der Versuch, "Ruhe" in den Belegschaft zu bringen, bröckelt
All dies zeigt, dass der Versuch des VW-Vorstandes, „Ruhe“ in die Belegschaft zu bringen, bröckelt. Um so nervöser und aggressiver griffen Vorstand und der Gesamt-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh die Kritiker an den kriminellen Abgasmanipulationen an. VW werde zum „Prügelknaben der Nation“ gemacht, es herrsche eine „Dieselhysterie“. Sie würde von Leuten geschürt, die keine Ahnung vom Motorenbau hätten und die Diskussion um Fahrverbote in den Städten sei nichts als Wahlkampf. Offensiv versuchten sie Werbung für den Verbrennungsmotor und vor allem den Diesel als „Klimaschützer“ zu machen.
„15 Kreuzfahrtschiffe verpesten viel mehr die Umwelt als alle Autos zusammen“, war eins der Argumente. Das wurde in den Redebeiträgen souverän gekontert. Die einfache Frage “Baut nicht MAN Schiffsmotoren?“¹ sorgte für viel Gelächter.
Für den Fall von Produktionsrückgängen – unter anderem als Folge des Rückgangs des Verkaufs von Diesel-PKW und der Umstellung auf E-Autos – forderte Bernd Osterloh, vor allem für die Auslastung der Werke in Deutschland zu sorgen. Das ist reiner Sozialchauvinismus und dient der Spaltung der weltweit in den Werken des VW-Konzerns beschäftigen Arbeiterinnen und Arbeiter. Deshalb verlor er auch kein Wort über den mutigen Streik der VW-Kollegen in Portugal, die mit einem Streik gegen die Einführung des Samstags als Regelarbeitstag ein Zeichen gesetzt haben – ohne Samstagsarbeit werde die Produktion des T-Roc nach Spanien verlagert. Für die Bekanntmachung des Streiks und Aufruf zur Solidarität in einem Beitrag gab es viel Beifall. Vor dem Tor unterschreiben über 50 Kolleginnen und Kollegen eine Solidaritätserklärung an die Beschäftigten in Palmela.
Aggressives Auftreten des VW-Werksschutzes
Das aggressivere Auftreten und die Nervosität des VW-Vorstands bekamen auch Mitglieder der Internationalistischen Liste/MLPD am Tor 17 zu spüren. Mit acht Werksschützern und drei herbeigerufenen Polizisten versuchten sie den Einsatz zu verhindern. Sie schreckten dabei sogar vor Sachbeschädigung und tätlichen Übergriff auf einen Wahlhelfer nicht zurück. Doch viele Kollegen sehen in der Internationalistischen Liste / MLPD eine ernsthafte Kraft und haben Respekt vor der Hartnäckigkeit und Konsequenz. Das offensive Auftreten führt im und außerhalb des Betriebs zu Gesprächen, wen man nun wählen soll. Und diese Frage ist für viele längst noch nicht entschieden...