Ifo-Geschäftsklimaindex

Ifo-Geschäftsklimaindex

Frohe Botschaft der „Wirtschaftsweisen“

Genau einen Monat vor Heiligabend, am 24. November, überbrachten die "Wirtschaftsweisen" ihre frohe Botschaft den gebeutelten Sondierungsverhandlern.

Von gos/ms
Frohe Botschaft der „Wirtschaftsweisen“
Containerschiff im Hamburger Hafen (Foto: Alexander Sölch / Own Work)

Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, verkündete: "Die Stimmung in den deutschen Chefetagen ist hervorragend. Die deutsche Wirtschaft steuert auf eine Hochkonjunktur zu."

 

Grundlage der Jubelmeldungen ist der sogenannte Ifo-„Geschäftsklimaindex“ - eine gehobene Form der Kaffeesatzleserei aufgrund von Umfragen zur Gefühlslage unter 7.000 deutschen Managern.

Die modernen
Die modernen "Wirtschaftsweisen" tragen Nadelstreifen (Foto: veggieman / Pixabay)

In Kürze:

  • Der "Ifo-Geschäftsklimaindex" kletterte auf Rekordniveau
  • Grundlage ist die Erfassung der Augenblicksstimmung von 7.000 deutschen Managern
  • Ihre Champagner-Stimmung täuscht über die sich mehrenden Anzeichen einer neuen Weltwirtschafts- und Finanzkrise hinweg

Was könnte diese Manager in solche Euphorie versetzen? Deutschland hat als einziges größeres EU-Land den Höchststand der Industrieproduktion vor dem Krisenausbruch von 2008 überschritten. Die Euro-Zone insgesamt liegt immer noch um 4,8 Prozent unter dem Vorkrisenstand.

Der Kehrseite der Rekordexporte

Der Höchststand der BRD-Industrieproduktion beruht vor allem darauf, dass Deutschland 2016 wieder „Exportweltmeister“ wurde - vor China. Hohe Exporte bedeuten, dass die internationalen Übermonopole mit Hauptsitz in Deutschland ihren Konkurrenten weltweit Marktanteile abjagen.

 

Ein maßgeblicher Faktor dafür ist die Verschärfung der Ausbeutung der Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten in Deutschland. Insbesondere durch die Ausweitung des Niedriglohnsektors, von Leiharbeit und Minijobs. Von 37 Millionen Beschäftigten in der BRD hatten im letzten Jahr 12 Millionen - also fast ein Drittel - keinen Vollarbeitsplatz.

Märchen von der "Sicherung" der Arbeitsplätze

Die bürgerlichen Wirtschaftsforscher suggerieren, dass durch Lohnverzicht und Niedriglöhne die Arbeitsplätze in Deutschland gesichert würden. Das Gegenteil ist der Fall. In den letzten Wochen kommen fast täglich neue Meldungen über Arbeitsplatzvernichtungspläne auf den Tisch: so bei thyssenkrupp, Air Berlin und Siemens.

 

Das ist die Kehrseite der Champagner-Stimmung in den Chefetagen. Würden sich die Arbeiterinnen und Arbeiter dem unterordnen, nähmen sie nur eine weitere Spirale der Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensverhältnisse in Kauf.

Bessere "Rahmenbedingungen" - wofür?

So haben die „Wirtschaftsweisen“ rechtzeitig zur Metalltarifrunde und zur Regierungsneubildung bessere „Rahmenbedingungen“ für die „Wettbewerbsfähigkeit“ der deutschen Wirtschaft eingefordert. Dazu zählen sie nicht nur „gemäßigte“ Lohnerhöhungen, sondern auch eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit, höheres Renteneintrittsalter, Aufweichung des Kündigungsschutzes usw.

 

All das war bereits Thema der Koalitionsverhandlungen. In ihren Blütenträumen versuchen die Wirtschaftsforscher gleichzeitig auszublenden, dass genau ihre heutigen Maßnahmen eine erneute, noch verheerendere Weltwirtschafts- und Finanzkrise vorbereiten.

 

Sie treiben neben dem Waren- auch den Kapitalexport, der heute in erster Linie in Form von Fusionen und Firmenübernahmen erfolgt, auf Rekordniveau. Allein die grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen stiegen 2015 sprunghaft auf 735 Milliarden US-Dollar - der höchste Wert seit 2007. Letztes Jahr waren es dann sogar 831 Milliarden US-Dollar.

Das befeuert nicht nur die internationale Kapitalkonzentration, sondern auch die chronische Überakkumulation des Kapitals. Denn die Ausdehnung der Märkte und der maximalprofitbringenden Anlagemöglichkeiten hält damit in keiner Weise Schritt.

Losung von Karl Marx aktueller denn je

Die Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter, die Siemens-Beschäftigten, die Automobilarbeiterinnen und Automobilarbeiter und die in der Tarifauseinandersetzung stehenden Metallerinnen und Metaller tun gut daran, angesichts dieser kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten im Kampf um höhere Löhne auch die Losung von Karl Marx zu der ihrigen zu machen: "Nieder mit dem Lohnsystem!"

 

Das heißt nichts anderes, als dem ganzen System der Ausbeutung der Lohnarbeit den Kampf anzusagen. So bekommt ihr Kampf Perspektive über den Kapitalismus hinaus. Das ist die wirklich frohe Botschaft dieser Tage.