Pläne für JAMAIKA-Regierung GESCHEITERT
Offene politische Krise in Deutschland
57 Tage nach der Bundestagswahl sind die Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen gescheitert. Die FDP-Delegation zog provokativ aus und ließ damit die Verhandlungen platzen. Damit ist diese Regierungsbildung gescheitert und eine offene politische Krise in Berlin ist ausgebrochen.
Dabei hatten sowohl der Präsident der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, wie der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf ihren Segen für „Jamaika“ gegeben. Und sie hatten „möglichst schnell eine stabile und handlungsfähige Regierung“ gefordert.
Die Angst der Unternehmerverbände
Entsprechend zeigten sich die Unternehmerverbände nicht einverstanden. So forderte der BDI angesichts der offenen politischen Krise: „Wir rufen Union, SPD, FDP und Grüne auf, ihrer politischen Verantwortung gerecht zu werden“. (BDI-Präsident Dieter Krempf.). Und der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer bringt die eigentliche Sorge auf den Punkt: Das Scheitern leiste jenen Kräften Vorschub, „die die Funktionsfähigkeit unseres politischen Systems infrage stellen“.
Die Verhandlungen waren von einem weiteren Rechtsruck der vier Parteien geprägt. Die Grünen machten weitgehende Zugeständnisse, waren für eine „Obergrenze light“ von 200.000 Flüchtlingen im Jahr bereit und für die Ausweitung der „sicheren Herkunftsländer“ auf Tunesien, Algerien und Marokko. Die FDP vorneweg - wie auch die CSU - blockierten selbst kleine Zugeständnisse beim „Familennachzug“ Die Grünen waren auch bereit das Ausstiegsdatum für Kohlekraftwerke und Verbrennungsmotoren auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Aber das ging FDP und CDU/CSU nicht weit genug. Die FDP forderte vor allem entsprechend den BDI/BDA-Vorgaben eine weiter gehende Flexibilisierung der Arbeitszeit.
Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, hat das in einem Interview vom 3. Oktober auf den Punkt gebracht: „Der Kern der Auseinandersetzung ist in allen Parteien die Frage, wie weit man mit dem politischen Rechtsruck gehen kann, ohne die eigene Massenbasis nachhaltig zu verprellen, zu spalten oder zu verlieren.“
Das wurde besonders bei den Grünen deutlich. In einer Umfrage am Wochenende gab es überwiegend empörte Stimmen: „Die geben alles auf für was sie mal standen. Denen geht es nur noch um Macht und Posten. Das ist eine Riesensauerei. Es ist ein Ausverkauf ihrer letzten fortschrittlichen Positionen.“
Wer in Berlin mit am Tisch saß
Heute, am selben Tag des Scheiterns der Sondierungsgespräche führten Siemens-Beschäftigte des Berliner Gasturbinenwerks Proteste gegen Werkschließungen und massenhaft geplante Arbeitsplatzvernichtung durch – wie an anderen Standorten bereits letzte Woche. Die IG Metall-Basis nutzte die ersten Verhandlungsrunden in der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie für kämpferische Auftaktkundgebungen. Das wichtigste Thema dort ist die Arbeitszeitverkürzung, wozu die Arbeiterinnen und Arbeiter deutlich machten, dass sie die Forderungen der Kapitalistenverbände und der FDP zur „Flexibilisierung“ nicht akzeptieren werden. Das ist genau richtig, statt auf die Regierungsbildung Rücksicht zu nehmen.
Mit Sicherheit saßen also die klassenkämpferischen Arbeiterinnen und Arbeiter, die konsequenten Umweltschützer und die internationalistischen Aktivisten in der Flüchtlingspolitik mit am Jamaika-Tisch. Sie trugen zum Scheitern der Verhandlungen bei.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) will jetzt zunächst mit allen an der Sondierung beteiligten Parteien sprechen, um sie doch noch zu einer Regierungsbildung zu bewegen. Am Mittwoch will er auch mit der SPD sprechen. Diese hat heute aber erneut eine Große Koalition ausgeschlossen.
Die Herrschenden haben offensichtlich größte Probleme mit ihrer Regierungsbildung: Zuerst erhielt ihre Wunschregierung aus CDU/CSU/FDP nicht die nötige Mehrheit bei der Wahl. Jetzt ist auch die von BDI und BDA angestrebte Jamaika-Koalition zumindest zunächst gescheitert.
Eine günstige Situation
Wenn die Herrschenden Probleme haben, ist das nicht zu bedauern, wie es jetzt in vielen bürgerlichen Medien geschieht. Jeder fortschrittliche Mensch ist herausgefordert: Genau die richtige Situation, die revolutionäre Arbeiterpartei MLPD zu stärken. Sie kämpft konsequent für den echten Sozialismus als Alternative zum krisengeschüttelten Kapitalismus. Sie ist auch Teil des Internationalistischen Bündnisses, das in der Bundestagswahl 2017 als neue Kraft die politische Bühne betreten hat und in den nächsten Monaten daran arbeiten wird, die Kräfte gegen den Rechtsruck der Regierung zusammenzuschließen.