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„Stahlgipfel“ - weltweiter Konkurrenzkampf verschärft sich

Bei dem so genannten „Stahlgipfel“ der G20-Staaten vorgestern in Berlin wurde von allen Vertretern der großen Stahl produzierenden Länder öffentlichkeitswirksam beschworen, auf „marktverzerrende Subventionen und Dumpingpreise“ zu verzichten und gemeinsam „Überkapazitäten auf dem globalen Stahlmarkt“ abzubauen.

Von ba
„Stahlgipfel“ - weltweiter Konkurrenzkampf verschärft sich
Stahl-Azubis beim Stahlaktionstag in Bochum 2012. Rechts: Peter Römmele, Betriebselektriker bei tkSE und Landesvorsitzender der MLPD Nordrhein-Westfalen (rf-foto)

Nicht verbergen konnten sie allerdings, dass sich die Konflikte zwischen ihnen weiter rasant verschärfen. Jeder will die Überakkumulation des Kapitals in der Stahlbranche auf Kosten seiner Konkurrenten, alle gemeinsam aber auf dem Rücken der Stahlarbeiter überwinden.

Hochofen bei tkSE in Duisburg (rf-foto)
Hochofen bei tkSE in Duisburg (rf-foto)

In Kürze

  • Neuimperialistische Staaten beherrschen mit 70 Prozent den Weltstahlmarkt
  • Sogar Weltmarktführer ArcelorMittal kommt auf gerade mal 6 Prozent Weltmarktanteile
  • Die Stärkung der MLPD-Betriebsgruppen ist von entscheidender Bedeutung 

Eine Betriebsrätin von tkSE in Dortmund erklärte zu dem Treffen: „Für uns Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter kann nichts Gutes dabei herauskommen, wenn sich Vertreter solcher Staaten angeblich zum Abbau von Überkapazitäten treffen. Für uns bedeutet das nichts anderes als die weltweite Vernichtung von Arbeitsplätzen. Für unsere Interessen gibt es nur die Perspektive, uns im Kampf um unsere Arbeitsplätze zusammenzuschließen.“

 

2016 wurden weltweit 1,6 Milliarden Tonnen Rohstahl produziert. Im Jahr 2000 waren es erst 848 Millionen Tonnen. Nach Schätzungen der OECD liegen die Überkapazitäten weltweit bei knapp 750 Millionen Tonnen. In Europa lägen die Kapazitäten in Höhe von rund 200 Millionen Tonnen um 30 bis 40 Millionen Tonnen zu hoch. China, Indien, Russland und andere neu-imperialistische Staaten beherrschen heute mit 70 Prozent den Weltstahlmarkt, während die „alten“ imperialistischen Länder wie die USA und die EU-Länder mit gerade noch 22 Prozent ständig an Einfluss verlieren. Die kapitalistische Stahlproduktion befindet sich mitten in einer internationalen Neuorganisation zu weltmarktbeherrschenden Stahl-Monopolen. Zurzeit kommt sogar Weltmarktführer ArcelorMittal gerade mal auf 6 Prozent Weltmarktanteile.

Streit zwischen den alten Imperialisten und dem neuimperialistischen China

Die US-Regierung und die EU-Vertreter warfen vor allem dem neuimperialistischen China vor, seine Überkapazitäten zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt zu drücken. Die EU hat mehr als vierzig Strafzölle auf Stahlprodukte verhängt. US-Vertreter Jamieson Greer droht aber auch europäischen und deutschen Herstellern an, „in geeigneter Weise auf Marktverzerrungen zu reagieren“, das heißt, Strafzölle zu erheben. Die deutsche Wirtschaftsvereinigung Stahl warnte deshalb vor der Gefahr eines Handelskriegs.

 

Tatsächlich ist die Neustrukturierung der Stahlindustrie schon jetzt ein Krieg um den Weltstahlmarkt. Er wird ohne Rücksicht auf die Stahlarbeiter und mit schwersten Belastungen der Umwelt geführt. 80.000 Stahlarbeitsplätze stehen in Europa auf der Kippe, in China sogar 500.000.

Tatsächlich gibt es diese Überkapazitäten nur vom kapitalistischen Standpunkt des erbitterten, weltweiten Konkurrenzkampfes um Maximalprofit her

Gerd Pfisterer, langjähriger Betriebsratsvorsitzender bei HSP

Gerd Pfisterer, früherer Streikführer bei Krupp in Rheinhausen und langjähriger Betriebsratsvorsitzender des Stahlbetriebs Hoesch Spundwand und Profil GmbH (HSP) in Dortmund erklärte zu dem auf dem Stahlgipfel beschworenen Abbau der Überkapazitäten: „Tatsächlich gibt es diese Überkapazitäten nur vom kapitalistischen Standpunkt des erbitterten, weltweiten Konkurrenzkampfes um Maximalprofit her. Stünden zum Beispiel in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt die Interessen der Menschen im Mittelpunkt, wäre der Bedarf nach Stahl riesengroß, zum Beispiel bei der weltweiten Industrialisierung und dem Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur. Das alles könnte dann Teil einer umfassenden Kreislaufwirtschaft sein.“

 

In China wurden zwischen 2014 und 2016 Stahlwerke mit mehr als 100 Millionen Tonnen Stahlkapazitäten dicht gemacht. 200.000 Arbeiter mussten „umgesiedelt werden“ (eine nette Umschreibung der Arbeitsplatzvernichtung durch den chinesischen Gipfelteilnehmer).

 

In Deutschland gibt es zurzeit noch 86.000 Stahlarbeiter. 27.000 Menschen arbeiten bei „thyssenkrupp Steel Europe“ (tkSE), beim indischen Stahlkonzern Tata in Europa sind es über 21.000.

 

Ein erfolgreicher Kampf benötigt eine höhere Organisiertheit der Kolleginnen und Kollegen. Das betrifft den Aufbau gewerkschaftlicher Verbindungen aller Werke von tkSE und Tata untereinander und zu anderen Stahl-Belegschaften, aber auch zu anderen Branchen, wie zu den kämpfenden Siemens-Kollegen und -Kolleginnen. Vor allem die Stärkung der MLPD-Betriebsgruppen ist von entscheidender Bedeutung – denn die MLPD steht unbeugsam für Arbeiterinteressen und hat das Know How aus vielen Kämpfen um Arbeitsplätze wie bei Opel Bochum oder HSP Dortmund.