Zechenflutung
Bedeutender Etappenerfolg der Bergarbeiterbewegung gegen die RAG
Mit Beschluss vom 1.12.2017 hat das Landgericht Bochum nun eine Beweiserhebung zur geplanten Flutung der Zechen angeordnet und ein Gutachten dazu in Auftrag gegeben.
Im Auftrag einer Marler Bürgerversammlung klagt der Anwohner Jürgen Pfeiffer gegen die Flutung der Zechen im Ruhrgebiet. Die RAG soll dazu verurteilt werden „alle Maßnahmen zu unterlassen, die dazu führen, dass PCB oder andere untertägig befindliche Giftstoffe“ nach über Tage und in den Trinkwasserkreislauf gelangen.
Ernsthafte Erfolgsaussichten
Mit dem Beschluss des Landgerichts werden dem Verfahren nun ernsthafte Erfolgsaussichten bescheinigt. Ein wichtiger Etappenerfolg der kämpferischen Bergarbeiterbewegung!
In Kürze:
- Im Auftrag einer Marler Bürgerversammlung klagt Anwohner Jürgen Pfeiffer gegen die Zechenflutung
- Landgericht Bochum ordnet Beweiserhebung und Gutachtens dazu an
- Erfolg auch gegen eine massive Öffentlichkeitskampagne von RAG und Marler Stadtspitze
Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann aus Dortmund, der die Klage vertritt, sieht den Untersuchungen des Gutachters positiv entgegen: “Wir warten darauf, dass er sich meldet.“
Erfolg für gesamte Umweltbewegung
Damit liegt der Fall auf dem gleichen Level wie die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm am 30.11.2017 im Fall des peruanischen Bauers Saúl Luciano Lliuya aus Huarez, der vom Braunkohle- und Energiekonzern RWE Schadenersatz fordert.
Als größter Verursacher von CO2 in Deutschland ist RWE mit verantwortlich für die heraufziehende globale Klimakatastrophe, die einen Andengletscher schmelzen lässt und das Dorf Huarez bedroht. Bisher ließen deutsche Gerichte Verfahren nicht zu, wenn keine unmittelbare Betroffenheit offenkundig war.
Folge der Profitlogik
Würde es nach den Plänen der RAG gehen, dann wäre die Verfüllung und Flutung der Schächte des Bergwerks Auguste Victoria in Marl bereits vor einem Jahr erfolgt. Laut dem RAG-Magazin „Steinkohle“ 01/2018 ist der geplante Anstieg des Grubenwasserspiegels allein der Profitlogik kurzsichtiger Kostenersparnis geschuldet: „Damit kann aufwendige untertägige Infrastruktur entfallen.“
Das muss verhindert werden
Kläger Jürgen Pfeiffer
Dabei ist längst nachgewiesen, dass im gegenwärtig noch trocken liegenden Grubengebäude mindestens 6.395 Tonnen Giftmüll eingelagert wurden sowie große Mengen PCB verblieben sind. Genaue Zahlen liegen für die Zeche Haus Aden vor, wo es sich um 1.500 bis 2.100 Tonnen PCB handelt. Dieses Ultragift ist auch in kleinsten Mengen gesundheitsschädlich und verursacht Krebs.
Lebensgrundlagen von Millionen Menschen bedroht
Würde das Bergwerk vollends geflutet, gelangen diese Stoffe ins Grubenwasser. Dazu der in Wasserchemie bewanderte Kläger Jürgen Pfeiffer: „Wenn der Wasserspiegel ansteigt, gehen PCB und andere Gifte wie Dioxin oder Benzol ins Grundwasser über oder verseuchen Gewässer wie die Lippe. Das muss verhindert werden.“ Denn damit werden die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen im Ruhrgebiet bedroht.
Bis heute muss das Bergwerk offen gehalten und das Grubenwasser in 1.100 Meter Tiefe abgepumpt werden. Das ist allein der öffentlichen Kritik und den Protesten zu verdanken, die von der kämpferischen Bergarbeiterbewegung, namentlich „Kumpel für AUF“, maßgeblich getragen werden. Herzlichen Glückwunsch an alle, die zu diesen Erfolgen beigetragen haben!
Verlogene Masche mit Arbeitsplätzen
Sie haben sich auch gegen eine massive Öffentlichkeitskampagne durchgesetzt, die von der RAG und Marler Stadtspitze um SPD-Bürgermeister Arndt betrieben wird. Darin werden viele Arbeitsplätze versprochen nach Umbau des Zechengeländes in einen Logistikstandort „gate.ruhr“. Dem würde die Offenhaltung der Schächte und die untertägige Wasserhaltung im Wege stehen würde.
Was davon zu halten ist, zeigt schlaglichtartig das neue METRO-Zentrum wenige Kilometer entfernt, wo ursprünglich von über 1.000 neuen Arbeitsplätzen die Rede war. Tatsächlich werden hier vier bisherige Standorte konzentriert, wobei unter dem Strich viele Jobs verloren gehen und den Beschäftigten lange Pendlerfahrten aufgebürdet.
Arbeitsplätze erhalten hat dagegen der Widerstand gegen Verfüllung und Flutung der Schachtanlage. Über 70 überwiegend junge Kumpel fahren bis heute jeden Tag an, um Grubengebäude und Pumpen in Schuss zu halten. Das ist überhaupt bemerkenswert an der Bewegung Kumpel für Auf und der Marler Initiative, dass sie für den Kampf um Arbeitsplätze und Umweltschutz stehen.
Undemokratische Behinderung
Die Marler Bürgerversammlung bedankt sich bei zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern, die bisher 1.803,45 Euro für den Prozesskosten-Fonds gespendet haben. Für die Klage musste ein Vorschuss von 5.495 Euro bei Gericht eingezahlt werden.
Es stellt eine äußerst undemokratische Einschränkung und Behinderung dar, dass derartige Summen persönlich aufgebracht werden müssen, um überhaupt das Recht auf eine Klage wahrnehmen zu können. Die kämpferische Bergarbeiterbewegung setzt weiter auf die Unterstützung vieler Mitstreiterinnen und Mitstreiter sowie der kritischen Öffentlichkeit.