MLPD
Politischer Aschermittwoch: Wenn die Realität den Humor überholt
In vier Städten lud die MLPD zu ihren Veranstaltungen zum Politischen Aschermittwoch. Sie hat diese gute Tradition der Arbeiterbewegung vor Jahren wieder aufgenommen und hält den bürgerlichen Monopolparteien scharfzüngig, lustig und wahr den Spiegel vor.
Das hat nichts mit den sogenannten „Politischen Aschermittwochsveranstaltungen“ von Union, SPD etc. zu tun. Sie zeichneten sich auch in diesem Jahr vor allem durch platte Sprüche aus. Wenig überzeugend angesichts des Debakels ihrer Regierungsbildung. Nicht so bei der MLPD, wie die folgenden Korrespondenzen aus Berlin, München Stuttgart und Gelsenkirchen zeigen:
In Kürze
- Vier kämpferische, kulturvolle und mitreißende Veranstaltungen zum Politischen Aschermittwoch der MLPD
- Teilweise überholt das Debakel der Monopolpolitiker in Berlin die Satire
- Alle Veranstaltungen solidarisch mit dem Kampf in Efrîn
Schwungvolle Rede in München
30 Besucher fanden sich zum Aschermittwoch der MLPD München ein. Die schwungvolle Rede von Patrick Ziegler ging gleich auf die Bilanz der letzten vier Jahre GroKo-Regierung ein und entzauberte den designierten bayerischen Ministerpräsident Markus Söder. "In jede staatliche Behörde will er ein Kruzifix hängen, die Emigranten über eine Verfassungsänderung zwingen, sich zur 'christlich-abendländischen Kultur' zu bekennen. Mit Glyphosat will er Großagrariern weiter den Maximalprofit auf Kosten der Natur und Gesundheit sichern, und das 'Bauernsterben' wird munter weiter gehen."
Aus den positiven Erfahrungen des Bundestagswahlkampf mit dem Internationalistischen Bündnis hat die MLPD sich entschlossen, bei der Landtagswahl in Thüringen zu kandidieren. Gerade hier hat die Koalition aus Linkspartei, SPD und Grünen keine Verbesserung der Lebenslage für die Bevölkerung bewirkt. Der Aufbau Ost der MLPD wird hier konzentriert verstärkt. Mit dem Kobanê-Lied wurde der Abend in München beendet.
Andrew Schlüter vor internationalistischem Publikum in Berlin
Auch dieses Jahr war der Treff International zum zweiten Politischen Aschermittwoch in Berlin gut gefüllt. Für die MLPD sprach der Landesvorsitzende Andrew Schlüter vor auffällig international zusammengesetztem Publikum. Freundinnen und Freunde, Partnerinnen und Partner vom Internationalistischen Bündnis waren gekommen. Zu Beginn gab es herzhaftes Essen mit guter Musik und Humor. Die Rede war ebenso „deftig“ und traf ins Schwarze. Sie hob sich deutlich von der bürgerlichen Selbstdarstellung der verschiedenen Parteien und Politikern ab.
Die Rede nahm insbesondere die SPD aufs Korn, die schon vor über 100 Jahre die ursprünglich revolutionären Visionen von Marx und Engels verraten hat und die Vereinbarkeit mit dem Kapitalismus predigt. Jetzt verliert sie zunehmend ihre Massenbasis, ebenso wie die Linkspartei an Glaubwürdigkeit einbüßt, weil zum Beispiel ihre Regierungsbeteiligung in Thüringen keinerlei positive Ergebnisse für die Bevölkerung bringt.
Alle waren entschlossen, sich dem weiteren Rechtsruck der GroKo-Einigung zu widersetzen, sich mit den demokratischen Entwicklungen wie in Rojava (Nordsyrien) zu solidarisieren, die ICOR zu stärken und sich bildende Bündnisse wjie das Internationalistische Bündnis zu unterstützen.
Stuttgart: Saal ging bei der angriffslustigen Rede voll mit
Es ist inzwischen revolutionäre Tradition, dass am Aschermittwoch im Arbeiterbildungszentrum Süd in Stuttgart Julia Scheller, Landesvorsitzende der MLPD Baden-Württemberg, die bürgerlichen Parteien aufs Korn nimmt.
Doch dieses Jahr schockte sie zunächst die über 220 Besucher. „Es ist sicherlich äußerst traurig, dass wir mit dem heutigen Abend diese Tradition beenden“, rief sie gleich am Anfang ins Publikum. Denn: „Wir müssen einfach eingestehen, dass die Realität wesentlich paradoxer ist, als wir das jemals schildern könnten.“ Damit spielte sie auf die kabarettreifen Szenen um die Regierungsbildung in Berlin und die Selbstdemontage eines ihrer Hauptakteure, Martin Schulz (SPD), an.
Schließlich gab sie zur Erleichterung der Gäste Entwarnung und legte mit ihrer Rede los: „Was ist der Koalitionsvertrag?“ fragte sie in den Saal: „So ein Koalitionsvertrag enthält nur Absichtserklärungen!“ Und sie zeigte auf, welche Absichtserklärungen die GroKo 2013 gegeben hatte. Doch weder die Rückkehr aus einem Teilzeit- in einen vollen Job, noch eine solidarische Lebensleistungsrente, mehr Prävention gegen faschistische Umtriebe, Klimaziele usw. wurden umgesetzt. Warum das jetzt wieder so sein wird? „Der Staat ist der Dienstleister der internationalen Monopole und die bürgerlichen Parteien sind seine politischen Erfüllungsgehilfen!“ Das sitzt! Da spielen irgendwelche „Wohltaten“ für die Massen nur eine untergeordnete Rolle.
Das Publikum ging bei der angriffslustigen und kämpferischen Rede voll mit und bedachte die Rednerin mit begeistertem Beifall. Als sie Themen der internationalen Solidarität der Völker gegen Ausbeutung und Unterdrückung, für Freiheit und Zusammenhalt ansprach, wurde sie mehrmals durch Sprechchöre „Hoch die internationale Solidarität!“ unterbrochen.
Ein besonderes Thema bildet in der inzwischen von München abgelösten jahrelangen Feinstaubhauptstadt Stuttgart natürlich der Bahnhof Stuttgart 21. Dazu hatte Julia Scheller die Kabarettistin Birte Schneider eingeladen, Sie trat in Gestalt des Bundestagskandidaten der MLPD, Harald André, auf. Der klärte das Publikum angesichts von Kostenexplosion und Bauverzögerungen auf: „Stuttgart 21 wird gar nicht teurer. Viele Leute werden hier nur immer ärmer. Und wer ärmer wird, findet natürlich, dass alles viel zu teuer ist. 4,5 Milliarden, 7,6 Milliarden, 10 … 20 Milliarden – das ist doch nur für uns hier unten viel ...“ „Last but not least“ heizten die Rebellen mit dem Song „Bist du ein Rebell“ noch mal kräftig ein.
Gelsenkirchen: Gabi Fechtner begeisterte in der Horster Mitte
Gut gefüllt zeigte sich der Kultursaal der Horster Mitte in Gelsenkirchen, wo die MLPD Nordrhein-Westfalen zum Politischen Aschermittwoch mit der Parteivorsitzenden Gabi Fechtner geladen hatte. Auch hier war die internationalistische Beteiligung ein Trumpf. Und einige kurdische und arabische Migranten lernten heute erstmals, was ein Aschermittwoch - zudem ein politischer - eigentlich ist.
Nachdem sich die zahlreichen Gäste mit Sauerkraut, Thüringer Rostbratwurst, Bauernbrot, Kartoffeln und Hering gestärkt hatten, ging es auf der Bühne deftig weiter. Nachdem der REBELL mit einem kämpferischen kurdischen Lied die richtige Atmosphäre geschaffen hatten, betrat Gabi Fechtner unter großem Applaus die Bühne. Sie stellte fest, dass die politische Realität in Deutschland beste Vorlagen für den Politischen Aschermittwoch gibt. Tiefgründig deckte die Rednerin die Krise der bürgerlichen Weltanschauung auf:
"Denn wirklich Überzeugendes hat ihre bürgerliche Ideologie, die immer mehr nur Krisenmanagement ist, nicht zu bieten. Sie konzentrieren sich immer stärker auf das Schlechtreden und Zersetzen der sozialistischen Alternative: So gibt es schon ganze Wissenschaftszweige, die jeden Anspruch auf objektive Realität, auf mit ihr übereinstimmende Wahrheit, auf Verbindlichkeit und gesellschaftliche Maßstäbe als 'Totalitarismus' diskreditieren. Diese sogenannten 'modernen Philosophien' z.B. des Postmodernismus oder Pragmatismus sind - zwar akademisch aufgemotzter - aber dennoch vor allem banaler moderner Antikommunismus."
Nach der erfolgreichen Offensive der Internationalistischen Liste/MLPD bei der NRW-Landtags- und Bundestagswahl 2017 steht das Jahr 2018 jetzt im Zeichen des Sicherns dieses Sieges. Gabi Fechtner setzte an der Fußballbegeisterung des Ruhrgebiets an, um dem Publikum deutlich zu machen, was es bedeutet, einen Erfolg auch zu sichern: „Es reicht nicht, kurzzeitig mutig voran zu stürmen und das Führungstor zu erzielen. Man muss den Vorsprung auch über das ganze Spiel halten oder ausbauen." Die MLPD will ihre vielen neuen Mitglieder und Freunde, die sie 2017 gewonnen hat, ausbilden und in ihr Team einbauen – ein fester Vorsatz 2018 - „und alles, was wir tun, mit „Nachwuchsarbeit“ verbinden!"
Am Ende forderte sie alle Gäste auf, sich einer gesellschaftsverändernden Bewegung anzuschließen: „Es ist nichts Verwerfliches daran, für die Befreiung von Mensch und Natur von Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen. Verwerflich wäre heute nur, es nicht zu tun!“
Nach der Pause konnten die Gäste eine Gedichte-Revue zum Brecht-Jahr erleben. Außerdem sorgte Sigrid Agbeley mit einem fulminanten Sketch für Bombenstimmung. Leiser wurde es beim gefühlvollen Beitrag des kurdischen Genossen Baran von der PYD, der sich bei der MLPD für die Solidarität bedankte. Er erklärte ausdrücklich an alle türkischen Menschen gewandt, dass die kurdische Bewegung nicht das türkische Volk bekämpft und auch keine anderen Völker: "Unser gemeinsamer Feind ist der Diktator Erdogan!" Ganz in diesem Sinne hatte Gabi Fechtner in ihrer Rede vom Vorschlag der MLPD an die revolutionäre Weltorganisation ICOR berichtet, einen weltweiten Solidaritätstag für das bedrohte Efrîn durchzuführen - Riesenapplaus aus dem Publikum.