Flüchtlingspolitik
Breite Kritik an Entscheidung der Essener Tafel
Wachsende Armut und der Zustrom von Flüchtlingen haben die Zahl der Menschen, die die sogenannten Tafeln in Anspruch nehmen müssen, im letzten Jahr um das Doppelte ansteigen lassen.
Das mit viel ehrenamtlicher Arbeit organisierte Hilfssystem der Tafeln1 steht angesichts der zunehmenden Armut in Deutschland vor einer Zerreißprobe. Der Vorstand der Essener Tafel hat daraus die letztlich rassistische Konsequenz gezogen, vorerst keine weiteren Migranten ohne deutschen Pass neu aufzunehmen.
In Kürze:
- Beschluss der Essener Tafel stößt zu Recht auf breite Empörung
- „Wir sind für alle Bedürftigen da, egal welche Hautfarbe oder Nationalität sie haben“ (Nico Schäfer, Tafeln Thüringen)
- MLPD protestiert entschieden gegen Diskriminierung von Migranten und fördert den gemeinsamen Kampf
Laut deren Vorsitzenden Jörg Sartor seien „die älteren Tafel-Nutzerinnen sowie alleinerziehende Mütter offenbar einem schleichenden Verdrängungsprozess“ durch kinderreiche nicht-deutsche Familien „zum Opfer gefallen“. Die Vorsitzende der Kölner Tafel Karin Fürhaupter widerspricht. Dass ältere Menschen „an manchen Stellen untergehen“, habe mit dem gestiegenen Ausländer-Anteil nichts zu tun. Für sie müssten mehr Angebote geschaffen werden.
Breite Kritik an Essener Entscheidung - Bundesregierung heuchelt
Der Beschluss der Essener Tafel stößt zu Recht auf breite Empörung. Er ist eine falsche Reaktion auf die Überbelastung der Tafeln und reale Probleme aufgrund egoistischen Verhaltens einzelner Menschen. Sowohl der Dachverband "Tafel Deutschland e.V." als auch mehrere Landesverbände kritisieren die Entscheidung. „Wir sind für alle Bedürftigen da, egal welche Hautfarbe oder Nationalität sie haben“, so Nico Schäfer aus Thüringen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, fordert von der Essener Tafel, dass „sie diese Diskriminierung sofort beendet“.
Der stellvertretenden Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, fällt dazu nichts anderes ein, als „dass Deutschland ein Land der Mitmenschlichkeit sei und in diesem Land jedem, der bedürftig ist, geholfen werden sollte“. Welche Heuchelei und Doppelmoral! Es ist die Politik aller bundesdeutschen Regierungen seit den 1980er Jahren, die für wachsende (Alters-)Armut genauso wie für die Verarmung der Flüchtlinge verantwortlich ist, um sie von der Flucht nach Deutschland abzuschrecken.
Sahra Wagenknecht versteht Empörung nicht
Wolfgang Weilerswist, Landesvorsitzender der Tafeln NRW, stellt klar, dass der Andrang an die Tafeln vor allem durch die wachsende Altersarmut zunehme. Jedes Jahr steige die Zahl der pensionierten Bedürftigen um zehn Prozent.
Die übergroße Mehrheit der bei den Tafeln oder in der Flüchtlingshilfe engagierten Menschen nimmt klar gegen die Essener Entscheidung Stellung. Anders die Linkspartei-Politikerin Sahra Wagenknecht die "keinen rassistischen Hintergrund" erkennen könne. Das Problem bestehe vielmehr darin, dass „im heutigen Deutschland derart viele Menschen auf die Hilfe von Tafeln angewiesen sind“.
Eben deshalb ist der Ausschluss eines Teils dieser Menschen - nur weil sie keinen deutschen Pass haben - in keiner Weise zu akzeptieren. Wer der Entscheidung der Essener Tafel folgt, macht aus einer Klassenfrage (arme Ausgebeutete gegen reiche Ausbeuter) eine Nationalitätenfrage (Verteilung nach Pass). Immer weiter entfernt sich Wagenknecht offenbar von fortschrittlichen Positionen.
Warum muss es in einem der reichsten Länder der Welt überhaupt Einrichtungen wie die Tafeln geben?
Peter Römmele, Landesvorsitzender der MLPD Nordrhein-Westfalen
Die Tafeln sind ein Instrument, die Auswüchse der wachsenden Armut im Kapitalismus zu lindern. Sie ist vor allem aufgrund der Hartz-Gesetze, der diskriminierenden Behandlung von Flüchtlingen, des wachsenden Niedriglohnbereichs und Rentenkürzungen stark angestiegen. Die Tafeln könnten ohne das ehrenamtliche Engagement von rund 60.000 Menschen nicht arbeiten. Aber wird ihr selbstlose Engagement nicht auch von der Regierung missbraucht, um die Armutszustände zu kaschieren?
Dazu Peter Römmele, Landesvorsitzender der MLPD Nordrhein-Westfalen: „Die MLPD protestiert entschieden gegen die Diskriminierung von Migranten durch den Vorstand der Essener Tafel. Die MLPD fordert - an Stelle von Arbeitslosengeld II und der noch geringeren Bezüge für Flüchtlinge - die Erhöhung des Arbeitslosengelds I und seine unbegrenzte Fortzahlung für die Dauer der Arbeitslosigkeit, sowie die Erhöhung des Sozialgelds, um ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Wir sprechen aber auch mit den betroffenen Menschen, dass sie sich organisieren und am Kampf gegen diese unsoziale Politik beteiligen müssen.
Wir stellen vor allem die Frage, warum es in einem der reichsten Länder der Welt überhaupt Einrichtungen wie die Tafeln geben muss. Es sind die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung, die immer mehr Menschen in die Armut stürzen. Um damit Schluss zu machen, braucht es eine revolutionäre Veränderung. Im Sozialismus wird der von der Gesellschaft geschaffene Reichtum den arbeitenden Menschen selbst zugute kommen.“